von Wolfgang Lusak
Radikal neue Formen der Kooperation und des Lobbying werden sich durchsetzen. Wir brauchen eine unkonventionelle Network-Emanzipation statt als KMU den “vierten Zwerg von links” zu spielen.
Es zahlt sich in Österreich für Unternehmen immer weniger aus, wenn sie bei den national etablierten Netzwerken, Bünden und Vereinen andocken. Die erforderlichen Zugänge, Unterstützungen und Inspirationen die sie bedingt durch die Globalisierung für ihre Innovationen und Export-Projekte brauchen, sind für sie dort immer weniger vorzufinden. Das liegt daran, dass die etablierten Netzwerke mit Parteien verbunden sind, die in der Wählergunst zurückgefallen und in ihrem Einfluss geschwächt sind – sie können ihren „Vorfeldorganisationen“ in vielen Punkten nicht mehr helfen. Das liegt auch daran, dass die Spitzenpositionen bei den etablierten Netzwerken von Personen besetzt sind, welche nur am Erhalt ihrer eigenen – oft wenig innovativen – Geschäftsfelder und Machtsphären interessiert sind. Sie haben zwar ihre Stärken im lokal-regional-nationalen Markt aber nur schwachen Zugang zu den internationalen Entscheidungsebenen. Ob Golfclub, Cluster, Branchenverband oder parteinaher Wirtschaftsclub, sie alle beklagen zurecht das „Absandeln“ unseres Standortes – so manche von ihnen sind aber Teil des Problems und wollen das nicht einsehen.
Illegale Seilschaften
In diesen verrostenden Netzwerken wird mehr an zukunftsweisenden Produkten und Projekten behindert als gefördert. Es wird durch sie Bürokratie gesteigert, Reform verzögert, das Privileg der Multis geschützt, Forschung und Entwicklung für Nachhaltigkeit unterdotiert und Förderung gern an Klientel-Mitglieder gelenkt. Das ermöglicht es brachialen Konzernen und Globalfinanz Arbeitsplätze, Eigenkapital, Nahversorgung und Kaufkraft bei uns zu zerstören. Dabei wird die Verbreitung illegaler bis kriminelle Seilschaften (z.B. von Steuerbetrugs-Firmennetzwerken, Importorganisationen mit Umwelt- und Menschen-ruinierenden Billigprodukten, patriarchaler Drogen- und Menschenhandels-Kreisen) zu wenig bekämpft. Ganz abgesehen davon, dass Schüler und Nachwuchs in unserem Bildungssystem zu wenig auf ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches, unternehmerisches und zu viel auf ein Leistung vermeidendes, sich auf den Sozialstaat verlassendes Leben eingestellt werden.
Was innovative Startups, exportfreudige KMU und mittelständische Entrepreneure – die ja in Wahrheit für den Standort Österreich und eine nachhaltige Entwicklung entscheidend sind – dringend brauchen: Hochklassigen Gedankenaustausch und „Kreativ-Labors“, Zugang zu internationalen Innovations-Cirkeln und weitblickenden CEO-Kreisen, effektive Unterstützung für den Marktaufbau und Export, globale strategische Partnerschaften, gezielte Förderungen, barrierefreie Finanzierung, Entbürokratisierung der Rot-Weiß-Rot-Card, etc.. Das bleibt ihnen zu oft verwehrt bzw. das müssen sie sich selbst sehr hart erkämpfen. Und ja, es tut sich da schon was in Kammern und Wirtschaftsförderstellen und es gibt eine durchaus gute Arbeit von Außenhandelsstellen und AWS – aber es reicht bei weitem nicht aus, es gibt zu viele Blockaden.
Tödliche Strukturen
Dieses Land muss endlich ausbrechen aus seinen bestehenden Netzwerk- und Lobbystrukturen, die für den Aufbau nach dem 2. Weltkrieg gerade richtig waren, jetzt aber tödlich sind. Die innovativen Unternehmen brauchen mehr Know How und bessere Strukturen, um Branchen-, Hierarchie- und Landes-Grenzen leichter überschreiten zu können, um sich mit geeigneten Partnern zu Themenführerschaften vernetzen zu können, welche die vitalen gesellschafts- und umweltrelevante Angebote entwickeln und durchsetzen können. Sie brauchen die Toolbox um „unconventional regional-global Cooperation & Networks“ aufstellen zu können. Sie brauchen die Integration von gleichgesinnten Führungskräften aus Region und Kontinenten, aus Top- Unternehmen, aus GOs und NGOs, Forschung & Wissenschaft, Interessenvertretungen und Medien in Projekten, in denen sie den unternehmerischen „Lead“ übernehmen. Was eben mehr ist als das bloße Andocken an Organisationen, in denen man letztlich nur „der vierte Zwerg von links“ bleibt.
Mittelstand ade?
Notwendig dafür wäre ein radikales Umdenken in der Führungsebene der österreichischen Politik, Verwaltung und Wirtschaft was die Rahmenbedingungen für Kooperationen, Netzwerke und Lobbys betrifft. Das erfordert aber auch einen ernsthaften „inneren“ Willen zu Emanzipation und eine entschlossene Durchsetzungskraft von Seiten der mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Letztlich droht uns sonst ein zweiköpfiges Staats/Europa-Monster der totalen Macht-Aufteilung zwischen Global-Kapitalismus und Working-Poor-Sozialismus mit noch größerer Reich- und Arm-Schere ganz ohne Mittelstand.
Dieser Artikel ist auch schon im Wirtschaftsblatt PRINT und ONLINE erschienen
Wolfgang Lusak
Unternehmensberater und Lobby-Coach Mag. Wolfgang Lusak
www.lusak.at www.lobbydermitte.at