(Ö1, meine verrückte Liebe)
Was mich bei meinem liebsten Radiosender zur Verzweiflung bringt und warum das mit der Krise und Spaltung unserer Gesellschaft und letztlich auch mit dem Mittelstand zu tun hat. Ein offener Brief an Ö1-Chef Peter Klein.
Ich bin Ö1-Hörer von Beginn an, Leser von „gehört“ und gelegentlicher Gast bei Ö1-Veranstaltungen. Ich war und bin begeistert von der Vielfalt der Musik und Kultur, dem Tiefgang der Berichte, Interviews und Features, von den zu hörenden Moderatoren mit ihren angenehmen Stimmen. Ö1 war für mich immer ein Hort seriöser, aufklärender und ausgewogener Information und Kommunikation. Das aber ist der Sender für mich nun leider nicht mehr so ganz.
Angefangen hat eine gewisse Entfremdung damit, dass ich immer mehr die Meinungsvielfalt vermisst habe. Jetzt habe ich häufig das Gefühl, dass bei Ö1 zwischen neutraler Berichterstattung und meinungsbildendem Kommentar immer öfter kein Unterschied gemacht wird. Einseitigkeit wird deutlich, wenn Interviewpartner gewählt werden, welche offensichtlich als zur ideologischen Haltung des Senders passend empfunden werden. Ein Interview aber, in dem sich Interviewer und Interviewter von Beginn weg ihre Geistesverwandtschaft bestätigen, gerät zum beiderseitigen Schmeicheln, zum intellektuell langweiligen Paarlauf. Gerade bei innenpolitischen Themen kommt eine spannende Kontroverse zu selten auf. Da wird in Medien wie dem Falter oder Standard, deren Blattlinie ich auch oft nicht folgen kann, noch öfter Divergierendes gegenüber gestellt und Blattlinie-fernen Personen Platz eingeräumt. Ich kann Ö1 natürlich nicht ständig hören, aber aus meiner Beobachtung sind sehr viele Berichte, Gespräche und Kultursendungen zu sehr aus linksideologischer, sozialistischer Sicht aufbereitet – dabei ist sowohl eine gewisse Selbstgefälligkeit als auch ein einseitiger Missionierungsdrang zu verspüren.
Wenn ein öffentliches Medium selbst zur Bewegung einer bestimmten politischen Haltung wird, dann kann es seiner Aufgabe mit Meinungsvielfalt zur Entwicklung der Gesellschaft beizutragen nicht mehr gerecht werden. Gerade in Zeiten einer zunehmenden Spaltung der Bevölkerung wäre ein verbindender statt noch mehr polarisierender Zugang wichtig.
Ich verstehe mich als Repräsentant des Mittelstands, welcher die Werte Leistung, Eigentum, fairen Wettbewerb und Nachhaltigkeit ins Zentrum seines Denkens und Handelns stellt. Nach einer aktuellen, repräsentativen Gallup-Studie bekennen sich ein Drittel der Österreicher zu diesem Mittelstand. Ich vermute, dass der Anteil dieses Mittelstandes unter den Ö1-Höhrern überproportional ist, würde mich aber nicht wundern, wenn er auch im Sinken ist. Bitte geben Sie auch diesem eine Stimme, wenn er erwartet, dass die Fehler eines den unternehmerischen Mittelstand ausbeutenden und zerstörenden Sozialismus aufgezeigt und analysiert werden, die da sind Leistungsfeindlichkeit, überbordende Bürokratie, ungerechte Steuerlastverteilung, fehlende Bildungs- und Verwaltungsreform, usw. Dieser Mittelstand hat auch nichts mit ewig gestrigen Nationalisten und Rassisten zu tun, wenn er erwartet, dass alle Aspekte der Asylpolitik, der Integration und insbesondere des Zuzugs eines strenggläubigen, frauenverachtenden Patriarchats mit seinen kriminellen und terroristischen Auswirkungen aufgezeigt und offen diskutiert werden. Er erwartet auch, dass der Kapitalismus nicht nur in seinen die „sozial Schwachen“ unterwerfenden, Umwelt vernichtenden, sondern auch in seinen für den uns alle so wichtigen Mittelstand benachteiligenden und zerstörenden Ausprägungen thematisiert wird.
Sehr geehrter Herr Klein: Ich beanspruche nicht, ihr gesamtes Sendeangebot repräsentativ einschätzen zu können. Ich empfinde aber eine gewisse Einseitigkeit. Ich kann und will nicht darüber räsonieren, ob Ihr Sender nun am rechten Auge blind ist oder es nur geschlossen hält. Ich bemerke aber, dass er am mittleren Auge fast nicht(s) sieht, welches bekanntlich das der Weisheit ist. Ich wäre Ihnen für ein Überdenken und eine Reaktion dankbar. Damit sich letztlich der Mittelstand wieder in Ihrem Sender verstanden fühlt. Und damit aus meiner mir aktuell verrückt und unerklärlich vorkommenden Liebe zu Ö1 wieder eine reine Liebe werden kann.
Wolfgang Lusak