Mittelstand wird sich nur durchsetzen, wenn er die Gier-Konzerne mit deren eigenen Waffen schlägt

Mittelstand wird sich nur durchsetzen, wenn er die Gier-Konzerne mit deren eigenen Waffen schlägt.
Ein Plädoyer von Wolfgang Lusak für den Aufbau eigener KMU-Lobbys

Der bekannteste Lobbyist Österreichs hat mir einmal in einem Gespräch – dabei auf sein Smartphone zeigend und überlegen lächelnd – gesagt: „Das ist mein Kapital, da drin sind die Telefonnummern aller wichtigen Leute Österreichs und ich kann sie jederzeit persönlich anrufen.“ Selbst wenn er damit ein wenig geflunkert hat, so eine Aussage entlarvt sehr deutlich worauf es ankommt: Auf das Vitamin B, auf die „richtigen“ Freunde. Und wenn man – wie so mancher Gier-Konzern-Manager – halt selbst nicht ausreichend die „richtigen“ Freunde hat, dann engagiert man sich halt einen Lobbyisten, der für einen erledigt, was er „so braucht“.

Das muss man nicht achselzuckend hinnehmen. Ich will zuerst einfach auf eine Reihe von Nachteilen und Gefahren hinweisen, welche die Beauftragung von Profi-Lobbyisten zu häufig mit sich bringen:

* Kein Profi-Lobbyist kann das Fachwissen, den Marktüberblick und die Visionen eines Unternehmens so überzeugend an die Zielpersonen rüberbringen wie der Auftraggeber
* Profi-Lobbyisten hüten gerne ihre Kontakte und lassen sich ungern in die Karten schauen – zumeist aus PR-Agenturen oder der Politik kommend, wo man sich gerne über seine Zugänge („weißt Du, das ist ein guter Freund von mir“) definiert – sehen sie ihre Kontakte als ein Kapital, das sie nicht überstrapazieren wollen oder nur wenn unbedingt notwendig ihren Klienten direkt zur Verfügung stellen. Schließlich wollen sie im Lobbying-Prozess ja unentbehrlich sein und bleiben. Damit wird der Kunde abhängig gemacht.
* Sie kosten viel Geld, selbst bei Vereinbarung von Erfolgshonoraren sind fix zu zahlende Arbeitspauschalen und Spesen nicht zu schmal
* Sie können ihre Kontakt-Macht so ausbauen, dass sie sich letztlich den „Höchstbieter“ als Kunden aussuchen können bzw. letztlich nur für diejenigen Auftraggeber arbeiten, die am meisten zahlen.
* Im Profi-Lobbying – so hört man – kommt es auch zu illegalem Verhalten. In den meisten Fällen muss aber gar kein Gesetz übertreten werden um dennoch große Teile der Bevölkerung zu benachteiligen.
Ein Plädoyer von Wolfgang Lusak für den Aufbau eigener KMU-Lobbys

 

Bitte jetzt nicht nochmals mit der Achsel zucken und meinen „Das ist eine andere Liga – Lobbying ist eben was Böses – damit will ich nichts zu tun haben.“ Falsch! Richtig ist: Lobbying dominiert schon lange unser aller Leben bis in die kleinsten Einheiten. Lobbying ist ein ganz normales Marketing-Instrument, welches sowohl zum Guten als auch zum Bösen verwendet werden kann. Nur weil sich ein paar Gauner persönlich bereichert haben, dürfen anständige Leute nicht auf Lobbying verzichten. Die Mehrheit der Österreicher wünscht sich mehr Lobbying für und durch KMU/Mittelstand (Lusak-GALLUP-Umfrage 2016).

Netzwerkst Du noch oder Lobbyierst Du schon?
Manche denken jetzt vielleicht: „Aber das „große“ Lobbying geht mich doch nichts an, ich bin ein guter Netzwerker, ich bin beim Golfclub, beim Wirtschaftsverband, bei der Partei, habe guten Zugang zu Kammer, Bürgermeister und weiteren Institutionen, das reicht mir.“ Auch das führt oft in Sackgassen. Denn in einem Europa der zerfallenden Strukturen und absterbenden alten Seilschaften bringt einem das bloße Andocken an bestehende Verbände und Interessenvertretungen (=Groß-Lobbys) immer weniger. Wenn Nationalstaaten, Parteien, Kammern und viele andere Traditions-Einrichtungen immer schwächer werden, dann bleibt einem weitblickenden Menschen gar nichts anderes übrig, als seine eigene Lobby aufzubauen, um sich in der Zukunft mit seinen Ideen, Innovationen und Projekten wirklich durchsetzen zu können.

Begonnen hat für mich diese Erkenntnis vor gut 20 Jahren, als ich tolle Firmen kennen gelernt habe, die trotz wettbewerbsfähiger Produkte, solider Finanzplanung sowie ordentlicher Vertriebsstruktur und Kommunikation an den Gummiwänden des etablierten Systems abgeprallt sind und sich dadurch am Markt nicht durchsetzen konnten. Um diesen helfen zu können, musste ich mit Ihnen die Barrieren ganz genau identifizieren und eine „Überwindungs-Methodik“ entwickeln. Jetzt ist sonnenklar worauf es beim Eigen-Lobbying für den Mittelstand ankommt:

1. Präzise Zielpersonen-Auswahl: Jedes Unternehmen muss selbst einen guten Zugang zu den für sie relevanten VIPs in Politik, Verwaltung, Verbänden, Wissenschaft, Wirtschaft und Medien, den sogenannten „6 Mächtigen“ aufbauen – wenn man auch nur in einem dieser Bereiche „niemanden hat“, dann ist ein Misserfolg vorprogrammiert
2. Mit großem Thema Nutzen stiften: Lobbying wird dann zum Ziel führen, wenn man nicht nur einen Nutzen für die involvierten VIPs, einen Nutzen für sich selbst sondern auch einen bedeutenden Nutzen für eine möglichst große Bevölkerungs-Zielgruppe anstrebt und mit Themenführerschaft kommuniziert – erst damit wird aus Freunderlwirtschaft ein faires und erfolgreiches Lobbying-Projekt.
3. Schrittweiser Aufbau Kernteam bis Groß-Community: Es kommt sehr darauf an zu Beginn die geeigneten Mitwirkenden und VIPs in einer intelligenten Reihenfolge anzusprechen und bedächtig zu involvieren, um letztlich eine Initiative, eine Bewegung, eventuelle auch einen Verein oder eine Marken-Kooperation zu installieren, welche breite Aufmerksamkeit und Anhängerschaft hat, also den „Nerv“ einer großen Community trifft
4. Instrumente einsetzen, welche die Involvierten und Relevanten letztlich nachhaltig überzeugen und mobilisieren: Ob das Kernteams, VIP-Clubs, Expertengespräche, Kongresse oder Videos und VIP-Mappen bis hin zu Social Media und Public Affairs sind, es kommt auf kluge Auswahl (nur nicht alles auf einmal), überzeugende Argumentation und richtiges Timing an.

KMU-Selbst-Ermächtigung und unternehmerische Vollendung
Wer jetzt fragt, ob das nicht recht aufwendig ist, dem kann ich nur sagen: DO IT YOURSELF-Lobbying ist das im Vergleich zu den Kosten sicher effizienteste Marketing-Instrument und für die Erreichung folgender Ziele geradezu unerlässlich:

* Besser zu Aufträgen und Unterstützungen zu kommen
* Leichter Förderung oder Finanzierung zu erhalten
* Einfacher Genehmigungen, Zertifizierungen und Normungen zu erreichen
* Früher die für sein Geschäft entscheidenden Informationen zu haben
* In Zielgruppe, Branche und Öffentlichkeit beachtet und geschätzt zu werden
* Auch auf Rahmenbedingungen und Gesetze Einfluss zu bekommen – besonders wenn es um Berufsgruppen und Cluster geht
* Leichter weiterzukommen wenn scheinbar nichts mehr geht
* Einen Beitrag zu Daseinsvorsorge, Wohlfahrt und Nachhaltigkeit zu leisten

Natürlich ist das Lobbying für ein Produkt, Projekt oder Bauvorhaben relativ einfacher als der Weg zu Gesetzesänderungen und neuen politischen Rahmenbedingungen, aber bei allem ist eine Methodik erforderlich, welche Kooperation, Lobbying und PR so geschickt kombiniert, dass der Erfolg wahrscheinlich wird. Ich bezeichne diese Instrumenten-Kombination auch als „New Networking“. Ich bezeichne das Aktiv-Werden der in Österreich gute Steuern zahlenden Unternehmen in dieser Disziplin als Selbst-Ermächtigung und unternehmerische Vollendung. Ich bin aber auch der Meinung, dass sich gute Führungskräfte mit Ihren Qualitäten und Lobbying-Erfahrungen in bestehende Interessenvertretungen oder politische Organisationen einbringen und wenn nötig auch für ganz Neues engagieren sollten.
Ein selbstbewusster, mit transparentem und fairem Lobbying-Know How ausgestatteter Mittelstand – gleich ob EPU, KMU, Kooperationen oder Cluster dabei die Führung übernehmen – würde mit mehr DO IT YOURSELF-Lobbying nicht nur sich selbst was Gutes tun. Er stiftet damit der Gesellschaft als Ganzes mit Exporten, Arbeitsplätzen, Steuern, Wertschöpfung und als Vorbild Nutzen. Als Erstes muss der Mittelstand daher das Lobbying-Know How aufnehmen und geeignete Netzwerk-Strukturen aufbauen. Also: Do Lobbying Yourself! Denn damit können sich Firmen mit ihren Ideen und Projekten besser durchsetzen – sogar bei ziemlich widrigen Umständen.

Wolfgang Lusak

Ein fast gleich formulierter Artikel erschien im Dez 2016 im Magazin SENATE

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