Zwei sensationelle Wissenschafterinnen und mutige Startup-Unternehmerinnen wollen mit einem neu patentierten Wundinfektions-Schnelltest die Hauskrankenpflege revolutionieren, dabei den Einsatz von Antibiotika verringern und somit einen wesentlichen Beitrag zum hochaktuellen Thema Antibiotikaresistenz-Vermeidung leisten. Dr. Eva Sigl und Dr. Andrea Heinzle, die Gründerinnen und Geschäftsführerinnen von Qualizyme Biotechnology GesmbH beantworten mir im 75. Interview unserer großen Mittelstands-Serie „Das Geheimnis unseres Erfolges“ unsere immer gleichen 5 Fragen mit großer Professionalität, Dynamik und Menschlichkeit:
„Gerade am Beginn der Gründung ist es wichtig, sich abzugrenzen. Geistiges Eigentum muss geschützt werden. Es ist wichtig, sich auf sein Kerngeschäft zu fokussieren und Klarheit im Inneren zu schaffen.„
- Was ist das Fundament Ihres Erfolges, mit welcher Idee hat der Aufschwung Ihres Unternehmens begonnen?
Wir haben 2006 auf der TU Graz begonnen, uns im Rahmen eines EU Projekts zum Thema Dekubitus Prophylaxe mit der Thematik von bakterieller Infektion zu beschäftigen. Bereits innerhalb dieses Projektes stellte sich heraus, dass die Daten, die wir aus der Analyse von Wundflüssigkeiten gewonnen hatten, der Schlüssel zur Entwicklung eines Schnelltests zur Detektion von Wundinfektion sein könnten. Nachdem wir 2008 mit unserer Technologie den Ideenwettbewerb des Sciene Park Graz gewonnen hatten begannen wir, uns mit der Idee einer Ausgründung auseinander zu setzen. Bereist 2009 patentierten wir unsere technische Erfindung weltweit, das verdanken wir der Weitsichtigkeit unseres damaligen Chefs auf der TU, Prof. Gübitz.
Das Fundament unseres Unternehmens bzw. der Grund für die Ausgründung war, die patentierte Technologie zu verwerten und mit dem daraus entwickelten Produkt einen Beitrag zum Wohle der Menschen zu leisten. Der Schnelltest, der Ende 2019 zusammen mit einem internationalen Partner auf den Markt gebracht werden soll, soll einerseits die Hauskrankenpflege an sich revolutionieren, andererseits soll er durch die rechtzeitige Erkennung von Wundinfektion den Einsatz von Antibiotika verringern und damit einen wesentlichen Beitrag zum hochaktuellen Thema Antibiotikaresistenz-Vermeidung beitragen.
- Was war in der bisherigen Entwicklung die wichtigste strategische Entscheidung (oder die wichtigsten strategischen Entscheidungen)?
Die wichtigste strategische Entscheidung bisher war, in die Produktion der teilweise von uns entwickelten Substrate zu investieren. Dafür waren in erster Linie neue Räumlichkeiten inklusive die Errichtung eines Reinraums notwendig, um unter den notwendigen Qualitätsbedingungen produzieren zu können. Die Produktionslinie wurde Ende 2017 fertiggestellt, es werden bereits kleinere Mengen an Substraten für unseren Partner hergestellt.
- Hat es einmal eine kritische Situation gegeben, in der alles auf des Messers Schneide stand? Wenn ja, wie wie sind Sie damit umgegangen?
Gerade in den ersten Jahren der Selbstständigkeit gab es viele Monate in denen nicht klar war, wie es weitergehen kann. Vor allem die finanziellen Gegebenheiten sind ja für Start ups in Österreich alles andere als gut. Eigenmittel waren auch in unserem Fall nur beschränkt vorhanden. Fördertöpfe sind schnell ausgeschöpft, obwohl der Weg bis zum Markt noch lange und vor allem teuer ist, und die Bereitschaft der Banken, Geld zur Verfügung zu stellen, ist beschränkt. Da unser größter Wunsch die Eigenständigkeit ist, verzichten wir auf Investments von Dritten. Auch in unserem Fall waren es immer wieder finanzielle Bedingungen, die zu kritischen Situationen geführt haben. Vor allem die Aufrechterhaltung des Patentes und die damit verbundenen enorm hohen Kosten waren des Öfteren eine wirkliche Herausforderung. Nur durch vorausschauendes Wirtschaften, gute Planung, gute Nerven und verlässliche Kooperationspartner war es möglich, diese kritischen Situation erfolgreich zu überstehen.
- Wie organisieren Sie Wachstum und Erfolg, was müssen Ihr Team, Ihre Mitarbeiter leisten?Da wir unsere Produkte auf dem Gebiet Wundinfektion nicht selber in den Markt bringen werden war es bisher möglich, mit den im Team vorhandenen Kompetenzen zu wachsen. Auch der Aufbau der Produktion war mit dem vorhandenen Team möglich. Intensive Weiterbildung und hohe Bereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Neues waren dafür die Voraussetzung. Vor allem der Bereich Qualitätsmanagement konnte nur durch ein sehr intensives Miteinander schnell und erfolgreich aufgebaut werden. In den letzten Monaten wurde die Forschungsarbeit auf andere Bereiche und Anwendungen ausgeweitet. Kommt es zu erfolgreichen Produktentwicklungen, muss das Team jedenfalls sowohl für den Bereich Produktion als auch im wirtschaftlichen Bereich aufgestockt werden.Wir selbst sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben den Wunsch, ein selbstbestimmtes, erfolgreiches und nachhaltiges KMU zu werden. Das ist möglich, da alle Teammitglieder sich absolut mit dem Unternehmen identifizieren und sich für dessen Fortkommen verantwortlich fühlen. In unserem speziellen Fall war es aufgrund unserer familiären Situation auch notwendig, neue Wirtschafts-und Management-Modelle zu entwickeln. Flexible Arbeitszeitmodelle sowie eine geteilte Führungsrolle sind nicht nur eine Herausforderung für uns als Geschäftsführerinnen, sondern auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben hoher Lernbereitschaft auf allen Ebenen und Bereichen zeichnet uns und unser Team vor allem Loyalität, Ehrlichkeit, Respekt, Fairness und Offenheit gegenüber Neuem aus. Nur so war es möglich, die Start up Zeit erfolgreich zu meistern und Strukturen und Bereiche zu entwickeln, in denen Wachstum und Erfolg überhaupt möglich sind.
- Welchen Rat möchten Sie anderen aufstrebenden Unternehmen geben, damit sie auch Erfolg haben?
Gerade am Beginn der Gründung ist es wichtig, sich abzugrenzen. Geistiges Eigentum muss geschützt werden, die Produktidee muss abgegrenzt werden, es ist wichtig, sich auf sein Kerngeschäft zu fokussieren und Klarheit im Inneren zu schaffen. Es ist wichtig, an seine Ideen zu glauben, Visionen zu haben und ein Bewusstsein für die eigenen Stärken und Potentiale zu entwickeln.
In jedem Fall sollte jede Gründerin und jeder Gründer gut daran tun, die in Österreich zahlreich vorhandenen Inkubatoren zu nutzen. Wir selbst haben als Gewinner des Ideenwettbewerbs im Science Park Graz begonnen und hätten ohne die Unterstützung des Inkubators den Schritt in die Selbständigkeit nicht gewagt. Genaue Planung, ein guter Businessplan und die frühzeitige Entwicklung eines Geschäftsmodells sind notwendig, um zu verhindern, dass man von großen Unternehmen auf geschnupft wird.
Wir raten Unternehmen, die Ideen aus der Wissenschaft umsetzten wollen, jedenfalls die zahlreich vorhandenen Fördermöglichkeiten die auf EU Ebene, aber auch in Österreich und der Steiermark vorhanden sind, in Anspruch zu nehmen. Auch für KMU sind hier zahlreiche Möglichkeiten offen. Vernetzung, gute Partnerschaften und verlässliche Kooperationspartner tragen ebenfalls zu Erfolg bei. Voraussetzungen sind aber jedenfalls auch die Bereitschaft, sich persönlich weiterzuentwickeln, Visionen zu haben und den Mut zu haben, Grenzen als Herausforderungen zu sehen und zu überwinden.
Wichtig ist auch, auf seine Intuition zu achten und seine Wertvorstellungen hoch zu halten. Innerhalb des Teams sind Ehrlichkeit, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Respekt absolut essentiell, es ist wichtig, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und möglicherweise notwendig, persönliche Interessen hintenanzustellen. Nur wer den Mut für Neues hat, kann Veränderung bewirken.
KONTAKT:
Qualizyme Biotechnology GesmbH
Neue Stiftingtalstrasse 2; ZWT, Eingang B, 3. Stock, 8010 Graz
Tel: +43 316 34999511
office@qualizyme.com
Web: www.qualizyme.com
DAS UNTERNEHMEN:
Die Firma Qualizyme Diagnostics GmbH & Co KG ist ein Start-Up Unternehmen im MedTech Bereich, das sich mit Forschung und Entwicklung im Bereich der Wundheilung beschäftigt. Die Firma wurde von den zwei Wissenschafterinnen Dr. Eva Sigl und Dr. Andrea Heinzle, sowie von Dr. Burnet und Professor Dr. Gübitz gegründet. Der Mitgründer Dr. Michael Burnet ist ein erfahrener Entrepreneur aus Deutschland, der bereits jahrelang als Geschäftsführer fungiert.
Die Qualizyme Diagnostics GmbH und Co KG geht aus dem Zusammenschluss der 2012 gegründeten InFact GesbR mit der Ende 2013 gegründeten Qualizyme Diagnostics GmbH hervor. Die Infact GesbR wurde mit dem Zweck gegründet, die 2009 patentierte, exzellente Technologie der Gründerinnen und Gründer zur Detektion von Wundinfektion zu verwerten. Der Zusammenschluss zur jetzigen Firmenstruktur als Qualizyme Diagnostics GmbH & Co KG erfolgte im August 2015.
Seit 2014 befindet sich der Firmensitz der Qualizyme Diagnostics GmbH im ZWT, dem Zentrum für Wissens- und Technologietransfer in der Medizin, in Graz. Neben Büros verfügt die Firma über zwei S2 Labore sowie über einen Reinraum, welcher Ende 2017 fertiggestellt wurde.
Die Firma Qualizyme Diagnostics legt großen Wert auf Qualität. Das Unternehmen verfügt seit 2014 über eine Zertifizierung nach ISO 9001:2009, 2018 wurde die Rezertifizierung und die Umstellung auf die ISO 9001:2015 erfolgreich durchgeführt. Derzeit erfolgt die Vorbereitung zur Einführung der ISO 13485:2016 (Qualitätsmanagement für Medizinprodukte), um in die Produktion von medizinische Produkte einzusteigen.
Die Kernkompetenz des Unternehmens ist die Erforschung und Entwicklung von medizinischen Schnelltests zur Detektion von Infektion. Die Generierung sowie die Verwertung von IP stellen einen wesentlichen Bestandteil der Firmenstrategie dar.
In den Jahren 2016/2017 wurde neben der F&E Tätigkeit sowie der Generierung und Verwertung von IP als weiteres Standbein eine eigene Produktionslinie für die vom Unternehmen entwickelten biochemischen Substrate aufgebaut. Ende 2017 wurde der Reinraum fertiggestellt, welcher eine Produktion unter höchsten Qualitätskriterien ermöglicht.
Im Bereich angewandte Enzymatik bietet die Qualizyme Diagnostics Auftragsforschung im Bereich Assay Entwicklung sowie Assayvalidierung an. Dies umfasst unter anderem die Entwicklung und Synthese neuer Enzym Substrate sowie deren Immobilisierung auf verschiedenen Oberflächen.
Das Unternehmen Qualizyme Diagnostics sowie die Gründerinnen erhielten in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen. Neben dem Gewinn des Fast Forward Awards 2017 in der Kategorie Kleinstunternehmen wurden Eva Sigl und Andrea Heinzle 2018 mit dem Preis „Unternehmerinnen des Jahres 2018“ in der Kategorie Start-up ausgezeichnet. Von den Steirerinnen und Steirern wurde die Qualizyme Diagnostics zum Unternehmen des Monats Jänner 2018 gewählt. Weiters wurde das Unternehmen 2018 für den Houska Preis in der Kategorie KMU nominiert und erhielt den Publikumspreis. Im Juni 2018 waren Eva Sigl und Andrea Heinzle als Keynote-Speaker beim steirischen Zukunftstag 2018 eingeladen.
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Weiterhin laden wir alle erfolgreichen und anständigen mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer – gleich ob EPU, KMU, Freiberufler oder größerer Familienbetrieb – auf , sich hier ebenso mit ihren Erfolgs-Erkenntnissen einzubringen, indem sie die gleichen 5 Fragen wie hier beantworten. Einsenden bei office@lusak.at