Interview mit Ulrike Rabmer-Koller

Endlich ein wirklich echten Überblick bietendes Interview über die KMU und den Mittelstand in Europa aus berufenem Mund: Von Mag. Ulrike Rabmer-Koller, der Präsidentin des europäischen KMU- und Handwerksverbandes SMEunitedVizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich, geschäftsführende Eigentümerin der rabmer GRUPPE und unserer Lobby der Mitte durch Mitwirkung verbunden. Dieses Interview wurde bereits kürzlich in „Die Oberösterreicherin“ veröffentlicht und wir danken Ulrike Rabmer-Koller dafür, dieses nun auch in unserem Blog veröffentlichen zu dürfen:

„Europa wird nur in der Lage sein, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung auf Dauer zu schaffen bzw. zu erhalten, wenn es unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen für unsere KMU gibt“

„Brauchen ein Europa, das sich auf die großen Themen konzentriert anstatt Dinge bis ins kleinste Detail zu regeln.“

„Sich an der Europawahl zu beteiligen, heißt also auch, Europa selbst mitzugestalten.“


ZUM INTERVIEW:
Frau Rabmer-Koller, können Sie uns eingangs kurz erklären, welche Aufgaben Sie als 
Präsidentin des europäischen KMU-Verband „SMEunited“ innehaben?

Seit 2016 vertrete ich als Präsidentin des europäischen KMU-Verbands SMEunited die Interessen der 24 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen auf EU-Ebene. In dieser Funktion bin ich auch europäischer Sozialpartner und sitze so regelmäßig mit den wichtigsten EU-Entscheidungsträgern und Staats- und Regierungschefs am Tisch. Ich bringe bei allen Gelegenheiten die Anliegen der KMU’s vor und verleihe diesen so eine kräftige Stimme gegenüber EU-Institutionen und anderen Interessensgruppen in Brüssel.

Ende Februar fiel der Startschuss der Europawahl-Informationskampagne von SMEunited. Wie steht Europa aus Sicht der KMU derzeit da?

Klein- und Mittelbetriebe sind die Basis für Europas Wirtschaft und Gesellschaft. Entscheidungsträger  müssen das endlich anerkennen und entsprechende Maßnahmen setzen, die der Größe und Realität der 24 Millionen KMU in Europa entsprechen. Europa wird nur in der Lage sein, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung auf Dauer zu schaffen bzw. zu erhalten, wenn es unternehmerfreundliche Rahmenbedingungen für unsere KMU gibt.

Inwieweit können sich die österreichischen KMU mit Europa identifizieren?

Ich sehe mich als Oberösterreicherin, als Österreicherin und als Europäerin. Darin gibt es keinen Widerspruch, im Gegenteil: wir brauchen starke Regionen in einem starken und geeinten Europa, das sich auf die großen Themen konzentriert anstatt Dinge bis ins kleinste Detail zu regeln.

Wie profitieren KMU von einem gemeinsamen Europa?

Frieden, Sicherheit, Wohlstand, Wegfall von Grenzen/Zöllen und eine gemeinsame Währung sind einige wesentliche Errungenschaften eines gemeinsamen Europas, die oftmals als zu selbstverständlich empfunden werden. Wir profitieren aber alle davon. Nur in einem starken Europa, das wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen bietet, können sich Unternehmen optimal entfalten.

Was brauchen die 24 Millionen KMU in Europa?

KMU müssen mehr denn je bei der Gestaltung der Zukunft der EU berücksichtigt werden. Ohne sie geht es nicht! Als Triebkräfte des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts brauchen KMU eine unternehmerische Gesellschaft, qualifizierte Mitarbeiter, Zugang zu ausreichenden Finanzmittel für Innovationen und Investitionen, gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen und die echte Verwirklichung des Binnenmarktes.

Warum sind Klein- und Mittelbetriebe so wichtig für Europas Wirtschaft und Gesellschaft?

99,8 % aller europäischen Unternehmen sind KMU und sie sind die Treiber von Innovation und Basis für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Sie sind unerlässlich für die regionale Entwicklung, Nahversorgung und Wertschöpfung im ländlichen Bereich. Europas KMU sorgen für 2/3 der Beschäftigung im Privatsektor, in den Krisenjahren waren sie sogar 85% aller neuen Jobs geschaffen.

Immer wieder wird über unnötige bürokratische und finanzielle Belastungen für KMU durch die EU gejammert, wie kann man diese vermeiden?

Indem man bei künftiger Gesetzgebung wirklich darauf achtet, dass diese immer im Blickpunkt von KMU‘s beschlossen werden. Dabei  braucht es einfach mehr Praxisorientierung, denn KMU’s haben keine eigenen Abteilungen, die sich um die Umsetzung kümmern können. Ich versuche, bei meinen Treffen mit Entscheidungsträgern immer aktiv die Erfahrung und Sichtweise als Unternehmerin einzubringen.

Fachkräftemangel, Digitalisierung, Bürokratieabbau, Handelskonflikte und mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung sind nicht nur in Österreich, sondern EU-weit eine große Herausforderung. Was muss geschehen, um Europa zum Beispiel gegen Asien und USA wettbewerbsfähig zu machen?

Wir haben grundsätzlich gute Voraussetzungen, allerdings ist Europa momentan zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Um auch künftig erfolgreich zu sein, müssen wir uns wieder mehr auf zentrale Herausforderungen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel und Investitionen in F&E konzentrieren. Dann kommen wir im globalen Wettbewerb auch wieder auf die Überholspur.

Bei der Europawahl 2014 lag die Wahlbeteiligung in Österreich bei rund 45 % (europaweit bei rund 42 %). Bei der letzten Nationalratswahl 2017 lag sie bei 80 %. Wie erklären Sie sich die niedrige Wahlbeteiligung?

Europa kommt bei den Menschen nicht an. Leider wird medial oft zu sehr über Negatives aus Brüssel berichtet. Positive Auswirkungen werden hingegen als selbstverständlich empfunden und nicht entsprechend kommuniziert. Rund 80% der nationalen Gesetzgebung entsteht auf EU-Ebene. Sich an der Europawahl zu beteiligen, heißt also auch, Europa selbst mitzugestalten.

Was tun Politiker, um die Menschen zum Wählen zu motivieren?

Wichtig ist, einerseits die Vorteile der EU wieder in Erinnerung zu rufen und andererseits Bewusstsein zu schaffen, dass wir alle Teil dieses gemeinsamen Europas sind. Außerdem reicht es nicht, beispielsweise nur über die Bedeutung von KMU zu sprechen. Entscheidungsträger müssen auch aktiv und zielgerichtet für sie handeln.

Ist die EU für die KMU in Österreich und allgemein in Sachen Bürgernähe zu abstrakt und zu weit entfernt?

Oftmals ist von „denen in Brüssel“ die Rede. Dabei vergessen wir, dass wir alle dieses Europa ausmachen und auch Österreich bei allen europäischen Entscheidungen mit am Tisch sitzt. Die EU sollte sich auf gemeinsame Lösung bei großen und wesentlichen Fragen konzentrieren und sich weniger mit Kleinigkeiten beschäftigen. Dann wäre auch der europäische Mehrwert für die Bürger sichtbarer.

Warum sollte ein GF eines KMU zur EU-Wahl gehen und sein Kreuzerl machen?

Europa steht auf dem Scheideweg. Um im internationalen Wettbewerb mit anderen Regionen bestehen zu können, braucht es ein starkes und geeintes Europa und positive Kräfte auf allen EU-Entscheidungsebenen. Die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai und die nächste EU-Kommission werden für Europa – und ganz besonders auch für unsere KMU – entscheidend sein. Jede Stimme zählt!

Das Brexit-Chaos dominiert derzeit die Schlagzeilen. Wie schätzen Sie die Lage momentan ein?

Der Brexit ist eine große Herausforderung für Europa: Jetzt verlängert sich die Unsicherheitsphase um weitere Monate. Bei unserem KMU-Barometer zeigt sich, dass die anhaltende Unsicherheit auch das Wirtschaftsklima in Europa spürbar eintrübt. Wichtig wäre, dass sich die EU wieder stärker auf eigene, vor allem wettbewerbsfördernden Themen abseits von Brexit besinnt, sonst übersehen wir, dass uns die USA oder China überholen.

 

KONTAKT:

Rabmer Gruppe
Bruckbachweg 23; A-4203 Altenberg bei Linz
Tel: +43 7230 7213 – 0
Mail: office@rabmer.at
Web: https://www.rabmer.at/

 

DAS UNTERNEHMEN (Selbstdarstellung):

Die Rabmer Gruppe ist ein oberösterreichisches Familienunternehmen bestehend aus 8 Firmen – 1963 von Josef & Maria Rabmer gegründet und seit 2002 von deren Tochter Mag. Ulrike Rabmer-Koller in 2. Generation geführt. Die Tätigkeitsbereiche umfassen: Umwelttechnologie, Hoch- und Tiefbau, Holzbau & Zimmerei, Malerei & Bodenbeschichtungen, Immobilien sowie kommunale Dienstleistungen.

WEITERE, VERTIEFENDE INFORMATIONEN über die rabmer-Gruppe

 

LEBENSLAUF Mag. Ulrike Rabmer-Koller

Mag. Ulrike Rabmer-Koller (* 6. August 1966) ist Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich, Präsidentin des europäischen KMU-Verbandes UEAPME sowie Geschäftsführerin und Eigentümerin der international tätigen Rabmer Gruppe mit Sitz in Altenberg/Linz. Sie führt das mittelständische Familienunternehmen in 2. Generation.

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Johannes Kepler Universität Linz und zwei Jahren internationaler Berufserfahrung, kehrte sie 1992 zurück in den elterlichen Betrieb, wurde 1996 Mitgesellschafterin und Einzelprokuristin, übernahm ab 1999 Geschäftsführungen von nationalen und internationalen Tochterfirmen und Beteiligungen und 2002 nach dem Rückzug der Eltern die Geschäftsführung der Gesamtgruppe. Sie baute das Unternehmen vor allem im Bereich Umwelttechnologie mit Schwerpunkt Grabungsfreie Rohrsanierung, Wasser- und Abwassertechnologie sowie erneuerbare Energien weiter aus und ist maßgeblich für die Internationalisierung der Unternehmensgruppe verantwortlich. Auch den Baubereich hat sie mit zusätzlichen Tätigkeiten und Beteiligungen erweitert. Seit 2011 ist sie alleinige Eigentümerin des Familienunternehmens.

Von 2003 – 2015 war Ulrike Rabmer-Koller Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich, seit 2015 ist sie Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich und seit 2016 ist sie Präsidentin des europäischen KMU-Verbandes UEAPME. In dieser Funktion vertritt sie rund 12 Mio. europäische Unternehmen, ist Mitglied der „EU High Level Group Industry“ und nimmt auch regelmäßig an den EU-Sozialpartner Gipfeln mit den Spitzen der EU teil. Erst. Erst kürzlich wurde sie von der EU Kommission als Vertreterin in die G20 Business Women Leader Task Force nominiert.

Neben ihrer Managementfunktionen in der Rabmer Gruppe und Ihrem Engagement als Interessensvertreterin auf nationaler und europäischer Ebene war bzw. ist Frau Rabmer-Koller auch in zahlreichen Beirats- und Aufsichtsratsfunktionen tätig. Von 2015 – 2017 war sie auch Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Ihr Rücktritt aus dieser Funktion sorgte für einiges Aufsehen.

Ulrike Rabmer-Koller ist verheiratet und Mutter von 2 Kindern.

Detaillierter LEBENSLAUF (anklicken)

 

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