Ergebnisse unserer Mittelstands-Umfrage April bis Juni 2019
Um für die letzte LdM-PK, den Event EINZEICHEN FÜR DEN MITTELSTAND und unsere zukünftigen Aktivitäten gut vorbereitet zu sein, haben wir eine reine Mittelstands-Umfrage unter EPU, KMU und Freiberuflern unter dem Motte „3 Fragen & 3 Antworten zum Mittelstand“ durchgeführt. Es sind rund 50 Mail-Interviews (fast alle mit Foto, Name, Firma, Firmeninfo schon Online) geworden plus ca. 60 anonyme Telefon-Interviews. Am Ende zusammengefasst in 8 Forderungen an die Politik.
(von Wolfgang Lusak)
(Foto von Thomas Struck mit vlnr Alexander Chvojka, Wolfgang Lusak, Robert Baumelt und Michael Kunz – aufgenommen am 12.6.19 beim großen LdM-Event)
Generell kann man sagen, dass der Mittelstand die auch für ihn spürbaren Behinderungen durch Regierungssturz und Wahlkampf bedauert. Er fordert jetzt von allen Politikern vor allem „mehr Sichtbarkeit und Durchsetzungskraft“ sowie deutliche Verbesserungen in den Bereichen Bürokratie, Steuergerechtigkeit und Zugang zu Kapital und Personal/Fachkräften.
Konkret wurde die Meinung namhafter Mittelständler
- zur Einschätzung bzw. zum Status des Mittelstandes,
- über ihre Forderungen an die Politik und
- nach ihrer wichtigsten Botschaft an die „Mittelstands-Kollegen“ erhoben
Hier die Zusammenfassung der Ergebnisse:
Frage: Warum ist der unternehmerische Mittelstand so wichtig? | Frage: Was wünscht sich der Mittelstand von der Politik am meisten? | Frage: Welche wichtige Erfahrung oder Erkenntnis möchte ich mit anderen Mittelstandsbetrieben teilen? |
1.Träger der Wirtschaft und Gesellschaft – sichert Existenz, Nachhaltigkeit, Innovation, Regionalität, Standort | 1.Generell mehr Unterstützung für Sichtbarkeit und bei der Steigerung der Durchsetzungskraft | 1.Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Mut, Suche nach Alleinstellung, Themenführerschaft erreichen |
2.Bringt die meisten Arbeitsplätze und Steuer-Einnahmen | 2.Bürokratie-Abbau
|
2.Gutes öffentliches Auftreten, Sichtbarkeit |
3.Träger der österreichischen Kultur und europäischen Werte | 3.Steuer-Gerechtigkeit gegenüber Konzernen
|
3.Vernetzung, Kooperation, Zusammen-halt, (faires) Lobbying |
4.Fairer, fürsorglicher und treuer Arbeitgeber | 4.Unterstützung bei Findung von Nachwuchs & Fachkräften insbesondere durch bessere Bildung | 4. Harte Arbeit, Durchhaltevermögen |
Viele prominente und erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer haben sich bei dieser Befragung beteiligt und unterstützen unsere Initiative und Plattform. So forderte Winzer und Investor Leo Hillinger – der beim Event auch als Mittelstandshero geehrt wurde – verstärkte Entbürokratisierung und bei Prüfungen durch Behörden das tatsächliche „Beraten statt Strafen-Prinzip“. Er meint, dass der Mittelstand “viel mehr gehört werden müsse“.
Friedrich Riess vom Geschirr-Erzeuger Riess-Kelomat sagt: „Wir KMU stehen im internationalen Vergleich mit den höchsten Kosten da und benötigen daher mehr politische Wertschätzung und Unterstützung statt ständig mit neuen Auflagen geprügelt zu werden.”
Geschäftsreise-Büro-Unternehmerin Christiane Tondolo von BTU meint “Unsere größte Herausforderung ist es, gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiter zu finden, um gegen die globale Konkurrenz bestehen zu können. Ich begrüße das neue Arbeitszeitgesetz, wünsche mir eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie einen Bildungssektor mit Fokus auf die Anforderungen der Digitalisierung.”
Der auch als Mittelstandshero geehrte Einkaufszentrum-Chef Richard Lugner findet, dass viele Unternehmen „von den internationalen Ketten an die Wand gedrängt werden und ein starker Mittelstand das einzige Bollwerk dagegen darstellt“. Und er verweist darauf, dass Österreich “das einzige Land in Europa ist, wo es keine Sonntagsöffnung gibt.” Gerade im Wochenendtourismusziel Wien sei, so Lugner, eine teilweise Freigabe dringend notwendig, “da Touristen neben Stadtbesichtigungen auch gerne einkaufen”. Derzeit verlöre der stationäre Handel sehr viel an den 24-Stunden erreichbaren Onlinehandel.
Mittelstand selbst schuld?
Ich meine: Die bedenkenlose Ausbeutung des Mittelstandes hat die Zurückdrängung von Nahversorgung, Nachhaltigkeit und regionaler Qualität erst möglich gemacht. Schuld daran ist der Mittelstand auch selbst, weil sich viele seiner Betriebe aus mangelnder Solidarität, unbeholfener Gleichgültigkeit und echter Ohnmacht nicht wirklich zur Wehr setzten. Aber der Mittelstand ist auch ein unermüdliches „Stehaufmanderl“: Die Betriebe entdecken immer wieder neue Möglichkeiten und Nischen, um sich dabei selbst neu zu erfinden.
Fehlende Lobbying-Kompetenz des Mittelstands
Ich verweise auf das immer noch fehlende Lobbying-Know How der Betriebe und Exporteure. Auch wenn wir von LdM schon ganz tolle Beispiele gebracht haben, wie KMU mit EPU und Konzernen in erfolgreichen innovativen Kooperationen und Lobbys zusammenarbeiten und dabei sogar den Lead innehaben, der Großteil weiß noch immer nicht wirklich, wie er sich bei den für ihn relevanten VIPs in Politik, Verwaltung, Verbänden und Wissenschaft mit durchsetzen kann. Wenn alte, eher behindernde Seilschaften kraftlos werden, müssen neue Cluster und Konsortien auf den Weg gebracht werden.
Weitere Statements prominenter Mittelständler:
Hannes Gutmann von Sonnentor wünscht sich faire Rahmenbedingungen und Wertschätzung für die Mittelstandsleistungen: “Nicht die internationalen Heuschrecken und Steuerflüchtlinge sind die Zukunft des Landes, sondern der Mittelstand mit seinen Investitionen. Ich wünsche mir echte Steuergerechtigkeit. Wer bei uns Arbeitsplätze schafft, der wird mit vielen Auflagen bestraft!”
Ulli Ehrlich von Sportalm wünscht sich sinkende Lohnnebenkosten: “Wir können nur schwer Spitzengehälter zahlen und wollen unseren Mitarbeitern trotzdem ein gutes Einkommen ermöglichen. Außerdem gibt es eine Reihe von bürokratischen Unsinnigkeiten ( z.B. Evaluierungen oder Betriebsärzte ) die kosten viel Geld und sind in den meisten Fällen Blödsinn – das wird auch von den Mitarbeitern so gesehen.”
Alexander Chvojka, geschäftsführender Gesellschafter der ITdesign und Vorstand in der Lobby der Mitte möchte, dass der Wert der unternehmerischen Menschen sichtbarer wird. Es sollten Grundlagen für die Bewertung ursächlich schöpferischer Leistungen von Menschen in Unternehmen geschaffen werden. Eigenkapitalstärkung könnte aus seiner Sicht auch durch die Aktivierbarkeit von Wissensbeständen in der Unternehmensbilanz erreicht werden.
Drucker Ernst Gugler plädiert für weniger Bürokratie: “Importierte Waren müssen die gleichen Umwelt- und arbeitsrechtlichen Auflagen erfüllen wie sie die einheimischen Betriebe zu erfüllen haben.” Er fordert eine CO² Steuer, Stopfen der Steueroasen, echten Klimaschutz und Förderung der Circular Economy.
Müllerin Lisa Dyk meint: “Wir sind ein Kleinbetrieb mit unter 20 Mitarbeitern, doch auch wir benötigen Brandschutzbeauftragte, Sicherheitsbeauftragte, Qualitätsbeauftragte, etc. Es gibt immens viele schriftlich nachzuweisende Prüfpflichten, doch in einer derartig kleinen Struktur ginge vieles auch ohne schriftlichen Nachweis. Wir produzieren Dokumente/Papier ohne Ende. Bitte um starke Deregulierung!”
Nach Michael Kunz, Chef von everbill (Buchhaltung online) und Vorstand in der Lobby der Mitte hat der Mittelstand die Chance durch erfolgreiche Kooperationen neue Eco-Systeme zu schaffen, die eine bessere Performance liefern könnten, als Konzernstrukturen: „Die Einrichtung des geplanten Digitalisierungs- und Wachstumsfonds sollte nur begrenzt Fokus auf – bereits stark geförderte – Startups legen, und verstärkt das Wachstum von Unternehmensgründern zu KMU unterstützen.“
Harald Höpperger von Umwelt-Höpperger/Tirol will einen Abbau der überbordenden Bürokratie, schnellere Verfahren und weniger sinnlose Kontrollen: “Banken, die nicht von Risikomanagern geleitet werden, sondern von Managern mit Hausverstand und Kenntnis der Region. Ich sage, lasst uns arbeiten und nicht verwalten”!
Mehrfach-Unternehmerin Margarete Kriz-Zwittkovitts erwartet sich “faire Rahmenbedingungen auf allen rechtlichen und steuerlichen Ebenen um die notwendige Wettbewerbsfähigkeit national, international und gegenüber Großkonzernen zu ermöglichen.” Sie setzt auch als Mitgründerin der Lobby der Mitte auf Kooperation und sauberes Lobbying.
Klaus Möller von der Hirter Brauerei sieht mittelständische Betriebe als die tragende Säule der Wirtschaft. Er fordert eine deutliche Verminderung der bürokratischen Last, sowie die Durchforstung der Gesetze und Hinterfragung der Sinnhaftigkeit von Auflagen.
Robert Baumert von der Steuerberatung Schabetsberger & Partner und Vorstand in der Lobby der Mitte: Der Mittelstand darf nicht durch Steuerungerechtigkeit gefährdet werden. Denn in der technologischen Schnelllebigkeit unserer Zeit scheine die Konzerne schneller Steuerschlupflöcher zu finden, als die jeweils nationale und europäisch geeinte Steuerpolitik reagieren kann. Hier ist die Politik in höchstem Maße gefordert.
Weitere Aussagen und Meinungen von namhaften KMU hier zum Nachlesen: https://www.lobbydermitte.at/kategorie/3-fragen-antworten/
ZUSAMMENFASSUNG:
DIE 8 WÜNSCHE DES MITTELSTANDES 2019 AN DIE POLITIK
(neu formuliert von Lobby der Mitte)
- Mehr Sichtbarkeit des Mittelstandes in einer Welt in der Bilder und Werte von „Reich & Schön“ sowie von einer „Anspruchs-Gesellschaft der sozialen Abhängigkeit“ dominieren
- Verstärkte Unterstützung für nachhaltige Innovation, Forschung, Investitionen und deren Durchsetzung insbesondere durch Vermittlung von Lobbying-Know How und –Strukturen
- KMU-gerechter Bürokratie-Abbau verbunden mit einer durchgängigen Verwaltungsreform
- Beendung der Steuerungerechtigkeit: Keine Vermögens- und Erbschaftssteuer für KMU; Auftreten gegen Steuerflucht, Konzern-Privilegien und Steueroasen
- Personal-Versorgung: Bildungsreform in Richtung besser ausgebildeter Schulabgänger und Anreize für den notwendigen Lehrlings- und Fachkräfte-Einsatz sowie Nachfolger
- Förderung von Eigenkapital-Aufbau, Beendung der Kreditprobleme; Bevorzugung von nachhaltigen KMU-Angeboten bei Ausschreibungen
- Eine Sozialpolitik, die wieder mehr Leistungsanreize gibt und ein Pensionsantrittsalter, das den Lebenserwartungen entspricht
- Mehr Mittelständler in Volksvertretungen, mehr Publizität für den Mittelstand
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BEI FRAGEN bitte an Wolfgang Lusak wenden:
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