Firmeninsolvenzen 2019 – Presse-Info vom AKV

Weil der Dumme nichts aus seinen Fehlern lernt, der Kluge aus seinen Fehlern lernt und der Weise aus den Fehlern der anderen lernt …… veröffentlichen wir hier (nach Vorliegen der IST-Zahlen) die sehr aufschlussreiche Presseaussendung des Alpenländischen Kreditorenverbands (AKV) über die Insolvenzstatistik 2019

Ein Überblick in Schlagzeilen:

Zunehmend spürbare Konjunktureintrübung führte zu einem Anstieg der Firmeninsolvenzen um 2,98%.

Die eröffneten Firmeninsolvenzen sind um 2,15% auf 3.045 Verfahren gestiegen.

Auffallend sind regional unterschiedliche Entwicklungen.

In Wien wurden 2019 mit 1.050 Insolvenzverfahren punktgenau so viele Verfahren eröffnet wie 2018.

Im Burgenland (+ 32,99%), in Vorarlberg (+ 27,69%) und in Tirol (+ 24,83%) liegen überdimensionale Steigerungen vor, während in Niederösterreich (- 6,22%) und in der Steiermark (- 5,15%) die Verfahren abgenommen haben.

2019 waren vermehrt Kleinbetriebe betroffen, sodass die Gesamtpassiva um ein Viertel auf EUR 2,18 Mrd. und die betroffenen Arbeitsplätze ebenfalls um ein Viertel auf 12.773 Dienstnehmer abgenommen haben.

Bei der Montesino Entertainment Group GmbH wird ein Großteil der Passiva von EUR 154 Mio. – bislang erfolglos – bestritten.

> Bei der Thomas Cook Austria AG hat die englische Zivilluftfahrtbehörde eine Schadenersatzforderung in Höhe von EUR 605 Mio. angemeldet, welche noch nicht geprüft ist.

> Die Baubranche hatte mit 629 Fällen die meisten Insolvenzen zu verzeichnen.

>  Die 5.292 Firmeninsolvenzen bedeuten, dass österreichweit wöchentlich rund 100 Unternehmen insolvent werden.


Zu dem Detail-Bericht und Kommentar:

Das derzeitige globale konjunkturelle Umfeld, vor allem Handelskonflikte, politische Spannungen, Unsicherheiten rund um einen Brexit und schwächere Wachstumsphasen sorgen für spürbare Eintrübungen.

Wirtschaftsforscher gehen von einer sich abkühlenden Konjunktur aus, die sich nach Industriezweig jedoch unterschiedlich präsentiert.

Diese Entwicklung spiegelt sich in der Statistik in Steigerungen der Firmeninsolvenzen wider.

Die erwartete Entspannung am Privatkonkurssektor ist 2019 nicht eingetreten. Die Anzahl der Privatinsolvenzen liegt aber weit über dem Durchschnitt der letzten Jahre vor der Privatkonkursnovelle 2017.

Im Bereich der Firmen- und Privatinsolvenzen zeigen die nunmehr vorliegenden Ist-Zahlen folgende Entwicklungen:

FIRMENINSOLVENZEN //

Die Firmeninsolvenzen entwickelten sich im Gesamtjahr 2019 in Österreich wie folgt:

Während die noch positiven Wirtschaftsdaten im Jahr 2018 eine Abnahme der eröffneten Firmeninsolvenzen bewirkten, führte die zunehmend spürbare Konjunktureintrübung im Jahr 2019 wieder zu einem Anstieg der Firmeninsolvenzen um 2,98%.

Überproportional war die Zunahme der Insolvenzabweisungen mangels Masse bei Unternehmungen, die nicht einmal über Vermögenswerte verfügen, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens abdecken zu können.

Die eröffneten Firmeninsolvenzen haben um 2,15% auf 3.045 Verfahren zugenommen, wobei regional gravierend unterschiedliche Entwicklungen feststellbar sind.

In Wien wurden zum Beispiel mit 1.050 Insolvenzverfahren punktgenau so viele Verfahren eröffnet wie im Vorjahr.

Im Burgenland (+ 32,99%), in Vorarlberg (+ 27,69%) und Tirol (+ 24,83%) liegen sogar überdimensionale Steigerungen im Bereich der eröffneten Firmeninsolvenzen vor.

In Niederösterreich (- 6,22%) und in der Steiermark (- 5,15%) haben die eröffneten Firmeninsolvenzen gegenüber dem Gesamtjahr 2018 hingegen abgenommen.

Obgleich die Anzahl der eröffneten Firmeninsolvenzen zugenommen hat, ist erfreulicherweise eine Abnahme der Gesamtpassiva und der gefährdeten Arbeitsplätze feststellbar, sodass 2019 gegenüber dem Jahr 2018 vermehrt Kleinbetriebe insolvent wurden.

Gesamtpassiva der eröffneten Unternehmensinsolvenzen //

Gesamtjahr 2019: EUR 2,181.427.000,00 Gesamtjahr 2018: EUR 2,901.982.000,00

Die Passiva haben sich daher um ein Viertel (24,83%) reduziert.

Hinsichtlich der Gesamtpassiva ist jedoch auf folgende Unschärfen bzw. Besonderheiten hinzuweisen:

Nach Passiva gereiht ist die Insolvenz der Montesino Entertainment Group GmbH, einem Unternehmen der Zanoni-Gruppe, die größte Insolvenz mit EUR 154 Mio. Es handelt sich vorwiegend um Abgabenverbindlichkeiten, die vorerst bestritten wurden. Die zahlreichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe des Unternehmens gegen die Abgabenvorschreibungen blieben bislang erfolglos, sodass wir die angemeldeten Forderungen als Grundlage herangezogen haben.

Eine Besonderheit ist auch die insolvente Thomas Cook Austria AG. In diesem Verfahren hat das schuldnerische Unternehmen die Passiva bei der Eröffnung mit EUR 33 Mio. bewertet. Tatsächlich wurden bis zur allgemeinen Prüfungstagsatzung „nur“ Forderungen in der Höhe von ca. EUR 10,3 Mio. angemeldet. Offen ist jedoch noch weiterhin, in welchem Umfang Haftungen für Konzerngesellschaften schlagend werden. Vor allem ist auch mit einer nachträglichen Anmeldung des Abwicklers in Höhe von unzähligen Millionen zu rechnen. Der Abwickler hatte bekanntlich die Aufwendungen für die Rückbeförderung der Urlauber von Pauschalreisen zu tragen. So hat bereits einen Tag nach der Prüfungstagsatzung die englische Zivilluftfahrtbehörde eine Schadenersatzforderung in Höhe von ca. EUR 605 Mio. zur Anmeldung gebracht. Gegenstand dieser Forderungsanmeldung ist eben ein Schadenersatzanspruch für Rückerstattungen an
Firmeninsolvenzen eröffnet 2019 2018 +/- Wien 1 050 1 050 +/- 0,00 % Niederösterreich 528 563 – 6,22 % Oberösterreich 340 335 + 1,49 % Salzburg 182 167 + 8,98 % Tirol 181 145 + 24,83 % Vorarlberg 83 65 + 27,69 % Burgenland 129 97 + 32,99 % Steiermark 387 408 – 5,15 % Kärnten 165 151 + 9,27 % Gesamt 3 045 2 981 + 2,15 %
Reisende und Schadenregulierungsagenturen. Diese Forderung ist derzeit noch ungeprüft und wird vom Insolvenzverwalter einer eingehenden rechtlichen Prüfung unterzogen.

Die nach Passiva größte Insolvenz des Jahres 2019 lässt sich daher noch nicht mit Sicherheit feststellen.

Gefährdete Arbeitsplätze //

Gesamtjahr 2019: 12 773 Gesamtjahr 2018: 17 209

Erfreulicherweise hat die Anzahl der unmittelbar gefährdeten Arbeitsplätze ebenfalls um ein Viertel von 17.209 auf 12.773 betroffene Dienstnehmer abgenommen.

Die meisten Dienstnehmer, nämlich 394, waren von der Insolvenz der Charles Vögele (Austria) GmbH betroffen, welche im Zuge des Konkursverfahrens nach der gescheiterten Sanierung geschlossen wurde.

Die zweithöchste Anzahl an Dienstnehmern waren von der gegen Ende des Jahres und ebenfalls in der Steiermark eröffneten Insolvenz der Herbitschek Gesellschaft m.b.H. betroffen. In diesem Insolvenzverfahren wurden kurz vor Weihnachten einzelne Auffanglösungen realisiert, wodurch 200 der 298 Arbeitsplätze erhalten bleiben sollten.

Es folgen die Gruber & Kaja High Tech Metals GmbH, ein Unternehmen der HTI-Gruppe, mit 210 Dienstnehmern und die beiden in Wien eröffneten Verfahren Hans Andersen Ges.m.b.H. (190 Dienstnehmer) und Rose Gesellschaft m.b.H. (177 Dienstnehmer). Die Rose Gesellschaft m.b.H. (Modelabel „Jones“) hat im Dezember mit der Gläubigerschaft einen Sanierungsplan abgeschlossen.

Hinsichtlich der Branchen ist auszuführen, dass die meisten Insolvenzen in der Baubranche (629 Fälle) verzeichnet wurden, gefolgt vom Handel (626).

Bezüglich der Rechtsformen ist festzustellen, dass der Anteil der Einzelunternehmungen (nicht protokollierte Einzelunternehmen und eingetragene Unternehmungen) an den gesamten Insolvenzen zunimmt und zwischenzeitig über 50% liegt. Die 2.817 Einzelunternehmen bedeuten einen Anteil von 53,23% (im Jahr 2018: 49,09%). Die Insolvenzen von 1.858 GmbHs repräsentieren einen Anteil von 35,10%.

Auffallend ist, dass das mit der Insolvenzrechtsnovelle 2010 eingeführte Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung in der Praxis nur mehr eine untergeordnete Rolle spielt. So sind in den 3.045 eröffneten Firmeninsolvenzen lediglich 21 Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung enthalten.

Die 5.292 Firmeninsolvenzen (eröffnete und abgewiesene Verfahren) bedeuten, dass österreichweit wöchentlich rund 100 Unternehmen insolvent werden.

Mag. H. Musser                                                        Mag. Franz Blantz

Geschäftsführender Direktor                                 Leiter Insolvenzbereich Graz

AKV EUROPA
Alpenländischer Kreditorenverband

Für weitere Informationen:
Mag. Franz Blantz

Tel.: 0504100/8000
E-Mail: graz@akveuropa.at

 

 

Kategorie: