Aktueller Kommentar zur Krise von Wolfgang Lusak
Tanzt wie die Sufis
Woran sich der Mittelstand jetzt orientieren könnte
Die Corona-Krise klingt ab ohne wirklich bewältigt zu sein. Die Wirtschaftskrise schwillt an und wir beginnen zu ahnen, wie verheerend sie sein wird. Und die Klimakrise wird uns so sehr einheizen, dass wir am eigenen Leib spüren werden, dass sie 1000 Mal gefährlicher ist, als alle anderen Krisen zusammen. Für Unternehmen geht es dennoch zuallererst einmal ums wirtschaftliche Überleben.
Wie reagiert also der unternehmerische Mittelstand auf die aktuelle Krise und die drohenden Krisen? Besser gefragt, wie wird er agieren? Ich möchte dabei aber nicht über diejenigen reden, die sich von Haus aus aufs Jammern, Abwarten oder gar Aufgeben verlegen. Ich meine diejenigen, die schauen, wie sehr sie beschädigt sind, die ihre Wunden rasch heilen lassen und die mit scharfem Blick erfassen, wo es für sie etwas zu holen und zu gewinnen gibt. Fangen wir beim Unmittelbaren an.
JETZT: Sie machen sich an die kurzfristig notwendigen Sofort-Maßnahmen, wie z.B. Sicherung der Liquidität und Finanzierung im Gespräch mit Ihrem Buchhalter oder Steuerberater, Wahrung der Mitarbeiter-Gesundheit und -Motivation, Ansuchen um öffentliche Not-Unterstützungen und Kurzarbeit/Kredit-Förderungen, Aufrechterhaltung ihrer Zuliefer-Ketten und ihrer eigenen Leistungs- oder Erzeugungsfähigkeit, Umwandlung des Angebots in Krisen-gerechte Form (Online-Beratung, Online-Bestellung, Direkt-Logistik etc.).
SO RASCH WIE MÖGLICH: Antworten finden auf die Fragen mit Blick auf die Pfeiler des Erfolgs, wie das Kundenverhalten: Wie bzw. wie verändert benötigen die Kunden jetzt unsere Leistung? Welche Innovationen soll ich jetzt forcieren? Welche Geschäftsmodelle funktionieren noch, welche muss ich umgestalten? Wie kann ich mit den Kunden in Kontakt treten, um Verluste zu verhindern und neue Aufträge zu erhalten? Markt-Einblick: Welcher Mitbewerb wird mir gefährlich? Wo kann ich Mitbewerber übertreffen? Unternehmen: Wo muss und kann ich einsparen? Wo sollte ich jetzt investieren?
PLANEN FÜR NACHHER: Hier geht es um wahres Unternehmertum, Analyse-basierte Strategie-Entwicklung, Kreativität: Wie schätze ich den sich verändernden Markt ein? Wie werde ich mich neu positionieren und auftreten? Welche neuen Geschäftsfelder, Allianzen, Kooperationen und Netzwerke muss ich aufbauen oder mich an solchen beteiligen? Der Platz für Fantasie und Ideen ist grenzenlos, die Macher realisieren sie im Hier und Jetzt.
All das ist ordentliche unternehmerische Kopf- und Handarbeit. Ohne der geht es nicht. Aber dann kommt erst die echte Herausforderung: Wie entwickle und entfalte ich mich als Mensch in diesem Sturm? Wo finde ich das Sensorium, den Halt und Angelpunkt, um das Ganze zu erfassen und zu gestalten?
Das schwebend-intuitive Sensorium
ENTSCHEIDEN FÜR IMMER: Das Wichtigste für alle Unternehmerinnen und Unternehmer wird es sein, mit beiden Füßen am Boden zu bleiben und gleichzeitig dieses gewisse schwebend-intuitive Sensorium (manche sagen auch Bauchgefühl) zu entfalten, welches wirklich gute Entscheidungen ermöglicht. Also mit hellwachem Verstand zu agieren aber auch mit emotional-seelischer Offenheit Chancen wahrzunehmen. Sich klar zu machen, dass nur ein Vertrauen habender und ausstrahlender, ein ausbalanzierter, also mit seinem persönlichen Werk wie mit der Welt und dem Universum verbundener Mensch die Möglichkeit hat zu gestalten und im Krisenfall über sich hinauszuwachsen.
Verbundenheit mit oben und unten
Dazu fallen mir die Sufis ein, jene Asketen, Mystiker und Ordensleute, die bei uns vor allem mit einer Teil-Ausprägung ihrer Bewegung bekannt wurden, mit dem „Tanz der Derwische“, jenem sich mit weiten Röcken und hohen Mützen permanent um die eigene Achse Drehen, dabei eine Hand flach nach oben und die andere Hand ebenso nach unten haltend. Sehr schön die Erklärung dieses Tanzes: Mit der nach unten gerichteten Hand wird die Erdverbundenheit und Individualität, mit der nach oben gestreckten Hand die Verbundenheit mit Kosmos, Universalität und Gott ausgedrückt. Der Sufismus ist laut Wissenschaft schon vor dem Islam entstanden, hat sich aber später in ihn integriert, jedoch nie ganz und nie voll anerkannt. Mystiker sind zumeist Grenzgänger zwischen den Religionen – die islamischen Sufis genau so wie die christlichen Mystiker wie Meister Eckhart, Franz von Assisi und Hildegard von Bingen, so wie die jüdischen Kabbalisten.
Und die besten und somit krisenfestesten Unternehmer/innen und Mittelständler haben auch so eine grenzüberschreitende Ausstrahlung, eine universelle, mystische bis spirituelle Qualität und Kraft. Ich glaube Heini Staudinger gehört dazu und Andre Heller, vielleicht auch Niki Lauda in seinen letzten Jahren. Es steht mir nicht zu, das bewerten zu können. Aber dennoch möchte ich allen sagen: Macht es wie die Sufis! Tanzt auch und dreht Euch bewusst um Eure eigene und damit die universale Mitte durch Euer Unternehmens-Leben – bis hin zur Erfüllung.
Wolfgang Lusak
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Mag. Wolfgang Lusak
ist Unternehmensberater, Coach für nachhaltig orientierte Innovationsprojekte und Kooperationen sowie ehrenamtlicher Gründer und Betreiber der Mittelstands-Plattform Lobby der Mitte mit rund 1000 Follower und einem Netzwerk/Blog-Leser-Kreis von 100.000en Mittelstands-affinen Menschen www.lusak.at www.lobbydermitte.at