Alle rätseln darüber, wie schwer die COVID-19-Pandemie die Wirtschaft treffen wird. Es gibt unterschiedliche Signale: Die Börsen sind noch ganz gut unterwegs – viele Betriebe retten sich mit Kurzarbeit und Einsparungen über die Krise – manche Branchen boomen richtig und wollen lieber gar nicht so viel darüber verlauten lassen – schon vorher schwache Unternehmen hängen aber noch mehr in den Seilen und werden es wegen ihrer Schuldenlast nicht mehr lang schaffen – insbesondere Hotellerie, Tourismus und Kulturbetriebe sind negativ betroffen – Massenarbeitslosigkeit droht. Ob da – trotz aller Gegenmaßnahmen und viel Optimismus nicht der Wirtschaftsabschwung stärker als prognostiziert ausfallen wird?
Wir von Lobby der Mitte glauben aber, dass gerade jetzt mitten in der Krise riesige neue Chancen für innovativ-digital-nachhaltige Mittelstandsbetriebe entstehen. Auf sie sollte die Regierung in erster Linie setzen und nicht Betriebe stützen, die a) als steuerschonend agierende Konzerne keine langfristig verlässlichen Partner sind (Stichwort Abwanderung in Billiglohnländer) und b) als schon längst marode KMU keine echte Wertschöpfung mehr zusammenbringen.
Um die Aussichten etwas zu erhellen veröffentlichen wir hier sehr aufschlussreichen Aussagen, Erwartungen und Statistik-basierten Entwicklungen des Alpenländischen Kreditorenverbands (AKV) über die Insolvenzstatistik 1.- 3. Quartal. 2020 (Ausschnitte einer PA vom 19. Oktober 2020 AKV EUROPA Alpenländischer Kreditorenverband) Foto des Geschäftsführenden Direktors Mag. Hans Musser (C) AKV
Mit Auslaufen der staatlichen Hilfspakete werden mit geringer Zeit-Verzögerung ab 2021 die Firmeninsolvenzen wieder steigen – nach Einschätzung des AKV um bis zu 15 % gegenüber dem Jahr 2019!
Gesamtpassiva auf EUR 4,45 Mrd. „explodiert“, der zweithöchste Wert in der Nachkriegszeit!
ZUSAMMENFASSUNG zur Entwicklung der FIRMENINSOLVENZEN
- Durch staatliche Gegenmaßnahmen (Stundungen, keine Insolvenzantragstellungen seitens der öffentlichen Hand, Corona-Kurzarbeit etc.) konnten seit März 2020 die Insolvenzen nicht nur eingedämmt werden, sondern die Anzahl der eröffneten Firmeninsolvenzen wurde in den letzten Monaten mehr als halbiert.
- Die eröffneten Firmeninsolvenzen von zuletzt 120 Verfahren pro Monat bewegen sich auf einem historischen Tiefstand. Gegenüber dem Vorjahr haben die eröffneten Firmeninsolvenzen um ein Drittel (- 34,98 %) abgenommen. Durch die Corona-Kurzarbeit konnten Insolvenzen größerer und mittlerer Unternehmen, die durch die Pandemie betroffen sind, vorerst vermieden werden.
- Die bisher in den ersten neun Monaten des heurigen Jahres eröffneten Großinsolvenzen (u.a. Commerzialbank, Meinl Bank, Vapiano, Kremsmüller, Odebrecht, ATB Spielberg) stehen bezüglich der Insolvenzursachen in keinem oder nur untergeordnetem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
- Umso verwunderlicher und als düstere Vorboten einer zukünftigen Entwicklung sind der exorbitante Anstieg der Gesamtpassiva und die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze zu sehen. Trotz rückläufiger Insolvenzzahlen sind die Gesamtpassiva auf EUR 4,45 Mrd. „explodiert“, der zweithöchste Wert in der Nachkriegszeit nach dem Rekordpleitenjahr 2013 mit Passiva von mehr als EUR 7 Mrd. nach der Insolvenz der ALPINE Bau GmbH. Die Anzahl der gefährdeten Arbeitsplätze von 10 098 (2019: 10 201) ist annähernd gleichgeblieben.
- Mit Auslaufen der staatlichen Hilfspakete werden mit geringer Zeitverzögerung ab 2021 die Firmeninsolvenzen wieder steigen – nach Einschätzung des AKV um bis zu 15 % gegenüber dem Jahr 2019. Ein solcher Anstieg würde im Vergleich zu den reduzierten Eröffnungen des Jahres 2020 sogar einer Steigerungsrate von ca. 77 % entsprechen, ein in der Nachkriegszeit bisher unerreichter Wert. Dieser Anstieg wird – ebenso wie die sonstigen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie – über 2021 hinaus andauern.
- Die Finanzmarktaufsicht befürchtet, dass bei einem gestundeten Kreditvolumen von derzeit EUR 25 Mrd. jeder vierte gestundete Kredit nicht zurückgezahlt werden kann. Die öffentlichen Abgaben werden derzeit pauschal und ohne Kontrollmechanismen gestundet, sodass auch in diesem Bereich uneinbringliche Abgaben entstehen, die den Staatshaushalt negativ beeinflussen werden. Die durch pauschale und unkontrollierte Stundungen bedingten Insolvenzverschleppungen werden auch der Realwirtschaft höhere Forderungsausfälle bescheren. Es wäre daher wünschenswert, dass die öffentlichen Körperschaften Stundungen zukünftig wieder nur dann gewähren, wenn zuvor die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit überprüft und eine mögliche Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen wurde..
DIE AKV INSOLVENZSTATISTIK – 1. – 3. QUARTAL 2020
EINLEITEND: AUSWIRKUNGEN DER STAATLICHEN MASSNAHMEN:
Alle Statistiken im Original-Bericht besser zu lesen HIER
- Fachleute aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen publizierten in den letzten Wochen ihre Zahlenwerke, Auswertungen, Analysen und Prognosen. Der dabei attestierte größte Wirtschaftseinbruch seit dem 2. Weltkrieg als Folge der CoronaPandemie hält die Realwirtschaft weiterhin im Griff und wird nach Auslaufen der staatlichen Hilfspakete auch die Finanzwirtschaft vor große Herausforderungen stellen. So stunden die Banken derzeit ein Kreditvolumen von € 25 Mrd. und nach Einschätzung der Finanzmarktaufsicht soll jeder vierte gestundete Kredit nicht mehr zurückgezahlt werden können, sodass bereits Rückstellungen im Bankensektor empfohlen werden.
- Ein noch schlimmeres Schicksal wird der Einbringlichkeit der gestundeten öffentlichen Abgaben beschieden sein, zumal diese Stundungen ohne inhaltliche Kontrolle gewährt werden. Mit dem Wegfall der Stundungen werden Abgaben wieder fällig, wodurch zahlreichen Betrieben die Zahlungsunfähigkeit droht. Diese liegt nach der Judikatur nämlich bereits vor, wenn ein Unternehmer 5 % seiner fälligen Schulden nicht begleichen kann. Schon aus diesem Grund werden die staatlichen Hilfspakete schrittweise auslaufen müssen, um eine zukünftige Pleitewelle unvorstellbaren Ausmaßes zu vermeiden.
- Unsere Statistik zeigt, dass es vorerst gelungen ist durch die staatlichen Gegenmaßnahmen (u.a. Stundungen und keine Insolvenzantragstellungen öffentlicher Stellen) in den letzten Monaten die Firmeninsolvenzen gegenüber dem Vorjahr sogar mehr als zu halbieren. Die eröffneten Firmeninsolvenzen bewegen sich derzeit auf einem historischen Tiefstand. Vor allem durch das Instrumentarium der Kurzarbeit konnten formelle Insolvenzen mittlerer und größerer Unternehmen, die durch die Pandemie Einbrüche erlitten haben, vorerst vermieden werden.
- Denn ein Blick auf die von uns nach Passiva und Dienstnehmer aufgeschlüsselten Großinsolvenzen zeigt, dass die Ursachen der bisher im heurigen Jahr 2020 eröffneten Großinsolvenzen (u.a. Commerzialbank, Meinl Bank, Vapiano, Kremsmüller, Odebrecht, ATB Spielberg) in keinem oder nur untergeordnetem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen.
- Düstere Vorboten auf ein überdurchschnittliches Insolvenzszenario nach Wegfall der staatlichen Maßnahmen und einer zu erwartenden Pleitewelle sind aber die bereits bis zum 30.09.2020 vorliegenden Gesamtverbindlichkeiten und gefährdeten Arbeitsplätze. Obgleich kaum Corona bedingte Großinsolvenzen vorliegen und die eröffneten Firmeninsolvenzen um ein Drittel (-34,98 %) zurückgegangen sind, sind die Gesamtpassiva der eröffneten Firmeninsolvenzen der ersten 3. Quartale 2020 um mehr als das Doppelte auf unglaubliche € 4,45 Mrd. angestiegen, der zweithöchste Wert nach dem Rekordpleitenjahr 2013 mit der Insolvenz der ALPINE Bau GmbH und Gesamtpassiva von mehr als EUR 7 Mrd..
- Trotz der rückläufigen Firmeninsolvenzen ist auch die Anzahl der gefährdeten 10 098 Arbeitsplätze im Wesentlichen am Vorjahresniveau. Da die CoronaKurzarbeit insolventen Unternehmen nicht gewährt wird, aber diese ebenfalls mit der rezessiven Entwicklung konfrontiert sind, gestalten sich einzelne Fortbetriebe in Insolvenzverfahren als Herausforderung. Tatsächlich haben in den letzten Monaten die Schließungsbeschlüsse der Insolvenzgerichte enorm zugenommen.
Der gesamte Bericht: AKV-Insolvenzstatistik_1-3Quartal 2020
DANKE AN DEN AKV!!!