Scharfzüngig, pointiert und hart geht der Wirtschaftssprecher der SPÖ, Abg.z.NR und Präsident des sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Dr. Christoph Matznetter mit der Regierung bezüglich ihrer Corona-Politik ins Gericht. (Foto (c) SPÖ Klub, Elisabeth Mandl)
Dies ist die erste bei uns eingelangte Beantwortung eines – auch an die Wirtschaftssprecher aller anderen Parteien gerichteten – 4-Fragen- Interviewansuchens vom 6. April zum Thema „Aktuelle CORONA- & MITTELSTANDS-POLITIK„. Seither haben sich bis auf die Grünen alle Parteien und Wirtschaftssprecher mit ihren Antworten bei uns einstellen – damit wir für unsere Blog-Leser und Mittelständler eine gute Vergleichs-Möglichkeit der Aussagen bieten können.
„Das war der Kardinalfehler der Bundesregierung“
1. Wie sehen Sie die Pandemie-Situation für Österreich jetzt?
Die Intensivstationen sind an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt, das nun Maßnahmen zur Eindämmung des Virus gesetzt werden müssen ist unausweichlich! Gesundheit und Menschenleben müssen immer an erster Stelle stehen. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie müssen jedoch für die Wirtschaft, und vor allem für EPU und KMU, keine Bedrohung ihrer Existenz darstellen. Um dies zu gewährleisten fand sich schon im Epidemiegesetz von 1950 die Regelung zur Entschädigung des Verdienstentgangs. Damit hätten die Wirtschaftstreibenden Rechtssicherheit gehabt und angemessene Entschädigungen für Zeiten der Schließungen erhalten. Leider haben die Parteien der Bundesregierung im Parlament diesen Entschädigungs-Paragraphen außer Kraft gesetzt. Das war der Kardinalfehler der Bundesregierung.
2. Wie stark ist die Belastung der Wirtschaft, welche Langfristauswirkungen erwarten Sie?
Die Fehler der Bundesregierung wirken sich massiv auf die Wirtschaft aus. Das zeigen auch aktuelle Konjunkturprognosen, in denen Österreich schlechter als beispielsweise Deutschland abschneidet. Wenn hier nicht schnellstens ein Umdenken von Seiten der Bundesregierung stattfindet, werden auch die langfristigen Folgen enorm sein. Es darf nicht sein, dass Unternehmen wie die AUA Millionen an staatlichen Hilfsgeldern einstreichen, auf der anderen Seite jedoch ihre Angestellten kündigen, und unsere EPU und KMU, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft darstellen, im Stich gelassen werden.
3. Was hat die Regierung bisher gut gemacht, was nicht?
In Bezug auf die Wirtschaftshilfen fällt es mir ehrlich gesagt schwer, positive Punkte zu finden. Hier wurde ein Förderungsdschungel geschaffen, der kaum mehr überblickbar ist. Die Umsätze der SteuerberaterInnen hat die Bundesregierung damit bestimmt gesteigert, das könnte man positiv sehen, wenn man will.
4. Was möchten Sie dem – teilweise sehr hart betroffenen – unternehmerischen Mittelstand (EPU, KMU, Familienbetriebe und Freiberufler) jetzt mit auf den Weg geben?
Mich erreichen täglich Mails mit Hilferufen von EPU und KMU. Ich möchte diesen Unternehmerinnen und Unternehmern mitteilen, dass ich fassungslos darüber bin, wie die Bundesregierung und vor allem die von ihr geschaffene COFAG mit unseren Wirtschaftstreibenden umgeht. Ich habe schon auf verschiedenste Weise versucht, hier Druck auszuüben und etwas zu verändern. Ich kann die Ohnmachtsgefühle vieler UnternehmerInnen mittlerweile leider nachvollziehen, möchte ihnen jedoch versichern, dass ich nicht aufgeben werde. Ich bitte auch die UnternehmerInnen durchzuhalten!
Dr. Christoph Matznetter (SPÖ)
Wirtschaftssprecher der SPÖ, Abg.z.NR und Präsident des sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands