Jetzt antwortet auch noch die ÖVP-Wirtschaftsministerin auf die 4 Fragen unserer Interview-Serie mit Partei-Wirtschaftspolitikern zum Thema „Aktuelle CORONA- & MITTELSTANDS-POLITIK„: Dr. Margarete Schramböck (Foto-Credit BMDW/Hartberger) geht darin sehr umfassend auf die aktuelle Zahlen über die Wirtschaftssituation, die neuesten Maßnahmen der Regierung und Ihre Botschaft an den Mittelstand ein.
Sie gibt damit indirekt auch eine Antwort auf Vorwürfe und Vorschläge, welche die Wirtschaftssprecher der Opposition Matznetter/SPÖ, Schellhorn/NEOS und Angerer/FPÖ (auf die Stellungnahme der Grünen warten wir noch) in ihren Interviews in die Mittelstands-Diskussion eingebracht haben. Vor Ihr haben sich schon ihre Partei-Kollegen mit starkem Wirtschaftsbezug Haubner, Ottenschläger und Egger in Position gebracht. Lobby der Mitte wird sich erlauben nach Eintreffen aller Stellungnahmen eine Analyse der Beiträge vorzunehmen …
„Arbeiten als Bundesregierung intensiv an wirtschaftlichem Comebackplan … … mit Projekten, die unseren Standort langfristig modernisieren, digitalisieren und ökologisieren!“
- Wie sehen Sie die Pandemie-Situation für Österreich jetzt?
Seit mehr als einem Jahr sehen wir uns nun mit der Corona-Pandemie und ihren Folgen und Herausforderungen konfrontiert. Ich glaube, ich kann für uns alle sprechen, wenn ich sage, dass wir uns alle die Rückkehr in ein normales Leben ohne Corona herbeisehnen. Ich bin überzeugt, gerade die Fortschritte im Bereich des Impfens werden schon bald für eine gewisse Spannung sorgen. Konkret bedeutet das etwa, dass wir den verschiedenen Branchen Perspektiven geben können – dem Handel und der Gastronomie, oder auch den Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Auch das Testen hilft, hier sind wir im internationalen Vergleich Spitzenreiter. Wir haben dafür eigens das betriebliche Testen geschaffen. Es können sich alle Betriebe dafür registrieren und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig testen. Pro Test refundiert der Staat 10 Euro. Nur durch regelmäßiges Testen können wir Clusterbildungen verhindern und die Gefahr der Verbreitung des Virus entgegenwirken.
- Wie stark ist die Belastung der Wirtschaft, welche Langfristauswirkungen erwarten Sie?
Die Belastung der Wirtschaft ist natürlich groß, aber auch sehr unterschiedlich je nach Branchen. Die Wertschöpfung ist im Handel im Vorjahr nur um 5,6 Prozent und in der Baubranche nur um 2,3 Prozent gesunken. Im Bereich der Herstellung von Waren und im Bergbau muss ein Minus von 7,2 Prozent festgestellt werden. Besonders betroffen ist natürlich der Tourismus: So sind laut Statistik Austria die Nächtigungen in den österreichischen Beherbergungsbetrieben im Jahr 2020 um 36 Prozent gesunken. Das entspricht auch etwa dem Rückgang der Wertschöpfung bei Beherbergung und Gastronomie. Der Tourismus wird auch in diesem Jahr, nicht zuletzt aufgrund der versäumten Wintersaison, noch mit Rückgängen zu kämpfen haben.
Ich erwarte mir, dass die anderen Branchen heuer bereits mit einem Plus aussteigen. Der Internationale Währungsfonds geht aber in seiner am 6. April veröffentlichten Prognose von sehr soliden Wachstumsraten bis 2026 aus. Die Konjunktur wird sich also wieder rasch erholen. Wir müssen alles daransetzen, die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs weiter zu verbessern und uns den aktuellen Herausforderungen stellen. Dazu ziehen wir wesentliche Lehren aus der Krise, die langfristig unsere Aktivitäten beeinflussen: Die Digitalisierung hat durch die Krise einen starken Schub erlebt. Viele Unternehmen haben uns noch im Herbst 2019 in einer Umfrage gesagt, dass sie die Digitalisierung nicht wichtig einschätzen und hier keine Vorteile für ihr Unternehmen sehen. Das hat sich in den letzten Monaten grundlegend verändert. Jetzt ist klar, dass sich Unternehmen digitaler aufstellen müssen. Das unterstützen wir mit Programmen wie KMU Digital oder der erhöhten Investitionsprämie für Investitionen in die Digitalisierung und in Life Science.
Eine wichtige Erkenntnis aus der Krise ist, dass wir mehr Produktion im Bereich Pharma- und Life Science in Österreich bzw. in Europa brauchen. Diese Branche muss in Österreich breiter aufgestellt werden, um nicht nur Wirkstoffe, sondern auch Impfstoffe herzustellen. Zuletzt ist es uns gelungen, die Penicillin-Produktion bei Novartis in Kundl/Tirol abzusichern, als einzige verbliebene Produktion von Wirkstoffen im Bereich Penicillin in der gesamten westlichen Welt. Die EU-Staaten müssen hier mittelfristig ihre Kräfte bündeln, um in Zukunft besser aufgestellt zu sein.
- Was hat die Regierung bisher gut gemacht, was nicht?
Klar ist, dass niemand mit dem Ausbruch einer weltweiten Gesundheitskrise rechnen konnte. Dementsprechend hat uns die Krise wie fast alle Staaten bis zu einem gewissen Maße unvorbereitet getroffen. Zu Beginn gab es hier und da bei den Wirtschaftshilfen Anfangsschwierigkeiten. Dennoch ist es uns relativ schnell gelungen, sehr schnell und treffsicher auf die neuen Herausforderungen und Gegebenheiten zu reagieren. Im Bereich Wirtschaftsstandort haben wir verschiedene Hilfsinstrumente und Förderungen, wie beispielsweise den Härtefallfonds, den Ausfallsbonus oder den Umsatzersatz geschaffen, um die Corona-bedingten wirtschaftlichen Folgen abzufangen und die heimischen Betriebe zu unterstützen. Die Vielfalt der Hilfsinstrumente spiegelt dabei auch die Vielfalt unserer heimischen Unternehmenslandschaft wider. Dass uns das gelungen ist, ist für ganz Österreich wichtig, denn so konnten wir Strukturen und Arbeitsplätze erhalten.
Die Krise hat uns außerdem wieder vor Augen geführt, wie wichtig eine großflächige Digitalisierung unserer Wirtschaft ist. Sie ist nicht nur ein Sicherheitsnetz für Krisen, sondern auch Voraussetzung und Garant für einen erfolgreichen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort. Um die digitale Transformation unserer Wirtschaft anzukurbeln und Anreize zu bieten, haben wir etwa mit den Digi-Schecks ein Förderinstrument ins Leben gerufen, das Aus- und Weiterbildungen im Bereich der Digitalisierung mit bis zu 1.500 Euro pro Lehrling und bis zu 1.000 pro Person unterstützt. Das ist wichtig, denn ohne fachliche Expertise kann eine nachhaltige und erfolgreiche digitale Transformation nicht gelingen. Und auch beim EU-Aufbauprogramm legen wir einen Schwerpunkt auf Projekte, die unseren Standort langfristig modernisieren, digitalisieren und ökologisieren.
- Was möchten Sie dem – teilweise sehr hart betroffenen – unternehmerischen Mittelstand (EPU, KMU, Familienbetriebe und Freiberufler) jetzt mit auf den Weg geben?
Eines ist klar: Das Rückgrat der heimischen Wirtschaft sind die KMU und EPU – sie, die kleinst-, klein- und mittelständischen Betriebe, machen das Gros der österreichischen Wirtschaftslandschaft aus. Deren Unterstützung ist mir persönlich ein Anliegen und ist auch Voraussetzung, um als Standort Österreich weiterhin erfolgreich und attraktiv zu bleiben. Wir erleben derzeit, mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 6,6 Prozent, die schlimmste Krise seit dem Beginn der Aufzeichnungen. Es stimmt mich aber hoffnungsvoll, dass alle Prognosen davon ausgehen, dass sich die Situation entspannen und wir die Krise gut überstehen werden. Wir gehen davon aus, dass wir 2022 wieder das Vorjahresniveau erreicht haben werden. Um dieses Ziel gemeinsam mit den Betrieben erreichen zu können und ein Rot-Weiß-Rotes Comeback nach überstandener Krise möglich machen zu können, arbeiten wir als Bundesregierung intensiv an einem wirtschaftlichen Comebackplan, der seinen Fokus auf die Themenbereiche Arbeit, Standortstärkung und Digitalisierung und Ökologisierung legt.
Mein Appell an alle Unternehmerinnen und Unternehmer: Lassen Sie uns noch einmal unsere ganze Kraft zusammennehmen – das Ende dieser Pandemie ist in Sicht.
Margarete Schramböck
Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
Stubenring 1, 1010 Wien, Österreich
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