Nachdem Wolfgang Lusak eingeladen war im aktuellen und großartigen SENATE 1/21, dem Print-Magazin des SENATS DER WIRTSCHAFT-Österreich (SdW) seine Meinung über die Situation der Wirtschaft und der Menschen kund zu tun, freuen wir uns jetzt in unserem Blog den Präsidenten des SdW begrüßen zu dürfen, Dr. Erhard Busek. Der ehemalige Minister und ÖVP-Parteichef ist weiterhin einer der profiliertesten Politik-Avantgardisten und beliebtesten weil spitzesten Kommentatoren Österreichs. Freuen wir uns über seinen Gastbeitrag und Aufruf an „seine“ Senatoren, der auch eine Botschaft an alle Wirtschaftstreibenden und Österreicher darstellt:
Warten wir auf den Weltuntergang?
Aufruf an die SenatorInnen des SdW – zuvor veröffentlicht im SENATE 1/21
Der Konsum der täglichen Meldungen, die Lektüre bzw. das Verfolgen entsprechender TV-Sendungen und Reports, vor allem aber auch die Aktivitäten, die auf den Straßen Österreichs, aber auch durch viele Politiker passieren, machen den Eindruck, als würden wir dringend auf den Weltuntergang warten. Karl Kraus ist schon einmal mit seinem “Sager” berühmt geworden, als er behauptete, “Österreich sei eine Versuchsstation für Weltuntergänge”. Wenn wir die Lage mit anderen Ländern vergleichen, müssen wir zugeben, dass wir von einer führenden Position in Richtung Weltuntergang allerdings weit entfernt sind, auch wenn es sicher einige geben wird, die etwas anderes behaupten…
Das Gegenteil ist der Fall! Wir haben jetzt eine ungeheure Chance, mit unserer eigenen Phantasie, der Tatkraft, entsprechenden Kooperationen und der Überzeugung, dass wir Zukunft gestalten können, vieles zu erledigen, was wir offensichtlich in der letzten Zeit unterlassen haben. Natürlich ist der Vorschlag, mit Schanigärten auf den Straßen und Take-away-Lösungen Restaurants, Kaffeehäuser und Bars zu substituieren nur partiell realistisch, es zeigt aber deutlich, dass Phantasie durchaus möglich ist.
Die Schnelligkeit, mit der gegenwärtig neue Impfstoffe geschaffen werden, ist ein beeindruckendes Beispiel von der Phantasie der Menschen. Gleichzeitig begegne ich auch auf den verschiedensten Ebenen der Wirtschaft überzeugenden Aktivitäten, die neue Einkommensmöglichkeiten beinhalten und weiterführenden Charakter haben.
Es ist vielleicht auch gut, einmal zu sagen, dass es notwendig ist, verschiedene Entwicklungen der Vergangenheit zu überprüfen, ob sie wirklich notwendig sind und ob die Sehnsucht nach der Rückkehr in die sogenannte “Normalität” tatsächlich so groß sein muss. Ich riskiere es und nehme den Tourismus als Beispiel: Wir haben ein schönes Land, es ist angenehm, innerhalb diesem zu reisen, auch andere zu uns einzuladen, und alle Annehmlichkeiten, die dieses Land bietet, auch zu genießen. Es darf aber auch die Frage gestellt werden, ob nicht manches in der Vergangenheit übersteigert war und einiges als Tourismus verkauft wurde, was es in Wirklichkeit nie war. Viele Orte haben beispielsweise mehr vom Nachttourismus als vom Schifahren gelebt. Das aber kann nicht die Substanz der Erholung sein! Ich erinnere mich noch immer an den heute altmodischen Ausdruck “Sommerfrische”, mit dem ich als Kind aufgewachsen bin. Von der Art und Weise, wie zu einem großen Teil in den vergangenen Jahrzehnten Tourismus aufgezogen wurde, kann von “Frische” nicht mehr die Rede sein. Es sei jedem gegönnt, was er dabei verdienen kann, aber ein bisschen grundsätzlicher darf die Frage letztlich doch gestellt werden. Inzwischen erlebt das Wandern, der Erholungsspaziergang etc. eine wahre Renaissance!
Es darf auch erwähnt werden, dass es eine Reihe von Branchen gibt, die sich erfreulicherweise rasch umgestellt haben und neue Phantasien entwickeln. Manches lässt sich auch in Österreich wiederentdecken, wenn es auch einige Zeit offensichtlich nicht mehr von Erfolg begleitet war, aber alte Produkte und Dienstleistungen in der Tradition um das Land haben zunehmend offensichtlich auch wieder eine Chance!
Nachdenken lohnt sich – und ausprobieren erst recht!
Ein weiteres Gebiet, das hier gefragt sein wird, ist natürlich die Ausbildung. Wahrscheinlich geht es heute nicht mehr nur um die “very sophisticated” Bereiche, sondern vielmehr um Praktisches. Wenn heute die Baumärkte stark frequentiert werden, signalisiert das, dass der Heimwerker wieder gefragt ist. Ich stelle inzwischen fest, dass es auch Bereiche gibt, wo man heute sehr schwer Angebote finden kann. Ich hatte z.B. bei meinem Garten unweit von Wien Schwierigkeiten, einen Gärtner zu finden, der einen Garten entsprechend pflegen kann, weil dieser Beruf – so sagte man mir – lange Zeit nicht als attraktiv angesehen wurde. Es ist also nicht nur die Krankenpflege und die Altenbetreuung, wo wir unsere Zukunft sehen sollten, sondern in einem bleibenden Leben verhaftenden Tätigkeiten. Dazu sind erfreulicherweise bereits Unternehmer aufgefallen, die auf eine imponierende Weise ihre Phantasie umgesetzt haben.
Im Senat der Wirtschaft wollen wir einige dieser positiven Beispiele sammeln und präsentieren: Unternehmerische Phantasie vor den Vorhang!
Erhard Busek