Josef Urschitz Kommentar: Angriff auf das Eigentum

Josef Urschitz Kommentar: Ehrlich gesagt waren wir von „Lobby der Mitte“ auch etwas verdattert, ja sogar verzagt, als wir die Stellungnahmen hochgestellter Persönlichkeiten und Experten wie Arbeitsminister Kocher, Finanzminister Brunner und Fiskalrat-Chef Badelt vernahmen, die davor warnten, jetzt den  angesichts der hohen Inflation und zunehmenden Enteignung der Bürger sich verstärkenden Rufen nach einer automatische Anpassung der Steuerstufen an die Inflation unüberlegt Gehör zu schenken. Es beschlich uns – die wir im Namen der Steuerzahler und des Mittelstandes schon öfter für das Ende der „kalten Progression“ ausgesprochen hatten – einerseits das Gefühl wohl nicht alles bis zu Ende gedacht zu haben und andererseits der Verdacht, dass hier  Regierungsvertreter in Verteidigung ihrer politischen Umverteilungsmacht lobbyieren würden.

Da kam der messerscharf denkende und unerschrockene Josef Urschitz mit seinem genialen Kommentar in der DIE PRESSE daher, um alles wieder ins rechte Licht zu rücken. Danke vielmals und Kompliment!

Die dreisten Argumente der Steuereintreiber

Josef Urschitz (Redakteur und Kolumnist Economist)

Sie haben ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung zusammengespart, weil Sie im Alter nicht unkalkulierbaren Mietsteigerungen ausgesetzt sein wollen und bewohnen diese nun, nachdem die Kinder ausgezogen sind, allein oder zu zweit? Keine gute Idee: Sie sollten dringend an Ihrem moralischen Kompass arbeiten.

Denn erstens steht Ihnen jetzt viel zu viel Wohnraum zur Verfügung, während junge Familien in zu kleinen Wohnungen darben. Also klassischer „Fehlbelag”. Und zweitens ist Einfamilienhaus klima- und raumordnungstechnisch ganz böse: Wir sagen nur Zersiedelung, Bodenversiegelung (drei solcher Einfamilienhäuser versiegeln ja so viel Boden wie ein ganzes durchschnittliches Windradfundament!) und Energieeffizienz.

Fast die Hälfte der Österreicher wohnen in Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen.

Bitte jetzt nicht lachen oder „Unsinn” murmeln: Diese Diskussion wird ganz ernsthaft und relativ intensiv in Deutschland geführt, vor allem von linksgrüner Seite. Und sie schwappt immer öfter auf Österreich über. Man sollte dafür also gewappnet sein.

Das Gefährliche daran: Die Argumente sind nicht per se falsch. Die Zersiedelung ist gerade in Österreich tatsächlich ein Problem, welches viele andere (zum Beispiel für den öffentlichen Verkehr) nach sich zieht.  Rein technokratisch gesehen ist die Unterbringung von Menschen in besseren Legebatterien tatsächlich viel effizienter und klimafreundlicher als in frei stehenden Häusern und die Wohnsituation für Viele wird tatsächlich immer prekärer. Was nicht zuletzt sehr stark mit der völligen Hilflosigkeit gegenüber der illegalen Migration und der damit zusammenhängenden Überforderung des Wohnungsneubaus zu tun hat.

Die Frage ist nur, wie man politisch an das Problem herangeht. Man kann das mit einer Raumordnungsreform, einer Wohnbauoffensive und großzügigen Förderungen für Energieeffizienzsteigerungen lösen. Oder man kann den Schwächsten in der Kette den schwarzen Peter umhängen.

Beim Nachbarn diskutieren sie schon ernsthaft darüber, wie man ältere Menschen aus ihren „zu großen” Wohnungen und Häusern hinausbekommt, um Platz zu schaffen. Kommt billiger, als viel Geld in den Wohnungsneubau zu stecken. Natürlich traut sich (noch) niemand, Zwang anzudrohen. Hierzulande, wo fast die Hälfte der Bevölkerung in Einfamilienhäusern oder Eigentumswohnungen lebt (siehe Grafik), wäre das ja politischer Selbstmord. Aber es geht auch anders: Man redet über stark erhöhte Grundsteuern, über ganz strikte teure Sanierungsgebote, über „Nachverdichtung” (etwa die Teilung von Einfamilienhäusern in zwei Wohnungen) mit sanftem Druck. Kurz über Maßnahmen, um vor allem finanziell nicht mehr so gut gestellte Ältere auf diese Art zum Freimachen ihrer „fehlbelegten” Immobilie zu bewegen.

Das ist, Klima hin, Wohnraumbedarf her, ein ziemlich fieser Angriff auf das private Eigentum, einer der Grundsäulen unserer demokratischen Ordnung. Und ein Anschlag auf die private Altersvorsorge. Dem kann nicht früh genug entgegengetreten werden.

Natürlich kann diese „Korrektur des Fehlbelags” manchmal auch im Sinne der Betroffenen sein. Viele Häuser und Wohnungen sind nicht altersgerecht gebaut. Deren Bewohner manchmal selbst interessiert, in eine kleinere, altersgerechtere Wohnung umzuziehen. Das kann sollte man durchaus unterstützen, auch beispielsweise mit Förderungen. Aber Zwang, auch indirekter über überzogene Auflagen, geht gar nicht.

Es war nicht meine Absicht, Ihnen heute das Frühstück zu verderben, aber ich meine, man sollte problematische Strömungen rechtzeitig thematisieren, bevor sie sich verfestigen.

Trotz allem einen schönen Tag

Josef Urschitz

josef.urschitz@diepresse.com