Weltwirtschaft: Erhalt des Wohlstands nur mit höherer Produktivität

Lobby der Mitte bringt diesen Bericht über eine Studie des McKinsey Global Institute zum aktuellen Stand der Weltwirtschaft bezüglich des Erhalts des globalen Vermögens. Er ist nicht nur interessant für die CEOs von Konzernen sondern betrifft natürlich auch das Vermögen des unternehmerischen Mittelstands in welcher Form er auch immer es angelegt hat. Die Studie stellt vier mögliche Szenarien dar, von denen nur eine als positiv angesehen wird ….. ganz in der Logik des globalen kapitalistischen Systems.

Nach dem Artikel gibt es noch einen kurzen, blitzgescheiten Kommentar zu diesem Bericht von unserem langjährigen Lobby der Mitte-Unterstützer und Wirtschafts-Philosophen Norbert Leitner. Lesenswert.

Weltwirtschaft: Erhalt des Wohlstands nur mit höherer Produktivität

Neue Studie des McKinsey Global Institute zur globalen Vermögensbilanz: Nettovermögen steigt auf 630 Bio. US-Dollar – Inflation der Vermögenspreise schaffte 160 Bio. US-Dollar „Papiervermögen“ bei gleichzeitig schwachem Wachstum und steigender Ungleichheit

Das Nettovermögen der Welt ist so hoch wie nie zuvor: Die Summe der Vermögenswerte aus Immobilien, Landbesitz, Infrastruktur, Maschinen und geistigem Eigentum lag Ende 2022 bei 630 Bio. US-Dollar. Damit hat sich das Nettovermögen in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahezu vervierfacht. Allerdings: Ein grosser Teil dieses Zuwachses, 160 Bio. US-Dollar, existiert wegen der Inflation der Vermögenspreise nur auf dem Papier – während das Wirtschaftswachstum schwach blieb, die Ungleichheit zunahm und jeder investierte US-Dollar 1,90 US-Dollar Schulden erzeugte. Dies geht aus der neuen Studie „The future of wealth and growth hangs in the balance ” des McKinsey Global Institute (MGI) hervor. Für die Analyse hat das MGI die Weltwirtschaft mit Hilfe von Bilanzierungsmethoden, wie sie aus der Unternehmenswelt bekannt sind, analysiert, anstatt wie üblich anhand des BIP.

Vier Szenarien möglich – nur eines positiv

„Die Botschaft aus unserer Analyse ist klar“, sagt Eckart Windhagen, Senior Partner im Frankfurter Büro von McKinsey und Co-Autor der Studie. „Es gilt, das Produktivitätswachstum zu beschleunigen. Dieses positive Szenario ähnelt in gewisser Weise der Zeit des sehr schnellen Produktivitätswachstums in den USA in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren. Die Bilanz wächst, aber weniger schnell als das BIP, und ist daher gesünder und nachhaltiger.“ Dafür müsste das vorhandene Kapital viel stärker in Bereiche investiert werden, die die Wirtschaft produktiver machen. Windhagen: „Dazu gehören nicht nur die Digitalisierung und die Automatisierung, beispielsweise mit Hilfe von künstlicher Intelligenz – sondern auch Investitionen in die grüne Transformation unserer Infrastruktur und Energiesysteme.“

In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind Nettovermögen, Vermögenswerte und Schulden deutlich schneller gewachsen als die Wirtschaftsleistung. Damit stehen die beiden vergangenen Jahrzehnte in deutlichem Kontrast zum historischen Verlauf des globalen Reichtums- und Schulden-Aufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor der Jahrtausendwende folgte das Wachstum des weltweiten Nettovermögens weitgehend dem BIP-Wachstum. Doch ab ca. dem Jahr 2000 entwickelten sie sich auseinander. In Deutschland, zum Beispiel, stieg das Nettovermögen von 2000 bis 2021 vom 4,6-fachen auf das 6,2-fache des BIP. Im Gegensatz dazu verlief das Produktivitätswachstum nur schleppend und fiel in den G-7-Ländern von 1,8 Prozent pro Jahr zwischen 1980 und 2000 auf 0,8 Prozent von 2000 bis 2018. Grund für diese Entwicklungen waren eine Flut von Geld – Ersparnisse und Neuverschuldung – bei gleichzeitig massivem Rückgang der Neuinvestitionen.

„Das rein bewertungsgetriebene Wachstum der Vermögenswerte ist ebenso wenig nachhaltig wie der fortwährende Anstieg der Verschuldung“, erläutert Jan Mischke, MGI-Partner in Zürich und Co-Autor der Studie. „Wir steuern auf eine Ära zu, die grundsätzlich anders aussieht als das, was wir aus den vergangenen 20 Jahren gewohnt sind.“

Die MGI-Studie analyisert vier mögliche Szenarien für Inflation, Zinssätze und Wachstum bis 2030 und deren Auswirkungen auf Immobilien, Aktien und Schulden.

    • Im Szenario „Return to past era“ könnte sich die Volatilität als vorübergehend erweisen und die Ausweitung des Balance Sheets danach wieder aufgenommen werden. Ersparnisse und billige Kredite würden erneut die Preise bestehender Vermögenswerte in die Höhe treiben, statt in produktive Investitionen zu fließen.
    • Im Szenario „Higher for longer“ würden Haushalte weniger sparen und Investitionen z.B. zur Bekämpfung der Klimaerwärmung deutlich zunehmen. Das würde Inflationsdruck und Zinsniveau nachhaltig erhöhen. Es gäbe Parallelen zur Zeit der hohen Inflation in den 1970er Jahren.
    • Im schlimmsten Fall – einem „Balance sheet reset“-Szenario würden als Reaktion auf steigende Zinsen der Wert von Aktien und Immobilien drastisch zurückgehen. US-Aktien und -Immobilien könnten beispielsweise bis 2030 inflationsbereinigt um mehr als 30 Prozent fallen. Ähnlich wie in Japan nach dem Platzen der Immobilien- und Aktienblase in den 1990er Jahren käme es zu einem langwierigen und nicht immer erfolgreichen Abbau der Verschuldung und sehr niedrigem Wachstum.
    • Das bei weitem wünschenswerteste Szenario ist das der „Produktivitätsbeschleunigung“, bei dem die Wirtschaftsleistung das rasante Wachstum der Vermögensbilanz aufholt. Nur dieses Szenario kombiniert ein starkes Einkommens- und Vermögenswachstum mit einer gesunden Bilanz.

Dazu sandte uns Norbert Leitner diesen kurzen Kommentar (Danke, lieber Norbert!):

Selbstzerstörung als Weg – mit rein betriebswirtschaftlichen Instrumenten wird man der Sache nicht Herr

Lieber Wolfgang,
Ich habe diese Bericht-Zusammenfassung von McKinsey mit Interesse gelesen.

Es scheint so zu sein, dass der Kapitalismus sich von Zeit zu Zeit selbst zerstören muss, um zu „leben“. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung der Sache ist daher nicht möglich, wenn man Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt (was offensichtlich nicht gemacht wird..)

Die vielversprechendsten Ansätze beruhen m. E. nach auf der christlichen Soziallehre. Diese kann auf eine jahrtausendealte Erfahrung mit sozialen Systemen zurückgreifen (bis hin zu Plato, Aristoteles und deren Vorgängern und Nachfolgern).

Mit rein betriebswirtschaftlichen Instrumenten wird man der Sache nicht Herr, da die Natur des Menschen bzw. sozialer und ökologischer Systeme immer berücksichtigt werden sollte.

Mit besten Grüßen,

Norbert LEITNER

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