Nach der Veröffentlichung des 10. Durchgangs des Lobby der Mitte-Mittelstandsbarometers 2024 hatten wir uns in einem Offenen Brief mit Bitte um ein persönliches Gespräch an alle Parteien gewandt. Nach Gesprächen mit Meinl-Reisinger (NEOS), Edtstadler (ÖVP) und Kassegger (FPÖ) (mit den GRÜNEN ist ein Termin mit Werner Kogler in Vorbereitung, Andreas Babler/SPÖ hat sich noch gar nicht gerührt) gab es nun – wie vorangekündigt – noch eine Runde mit Sepp Schellhorn von den NEOS, bei der auch ÖGV-Präsident Peter Lieber hochkompetent mitdiskutierte.
(Fotos: Moritz Zajicek)
NEOS wollen „Staatsausgaben senken, Föderalismus eindämmen und Menschen Mut machen“
Zum Gespräch hat Sepp Schellhorn noch zwei Profis aus seinem Team dazu geholt. Peter Lieber und ich saßen ihnen gegenüber.
Zuerst haben wir über die Definition von Mittelstand gesprochen. Ich habe meine Definition genannt, 7-8% der Bevölkerung sind KMU-Eigner und insgesamt 36% schließen sich der „Wertegemeinschaft Mittelstand“ an, eine Art Schulterschluss KMU-Arbeitgeber und -Arbeitnehmer. Wir haben darüber diskutiert, wie heterogen dieser Mittelstand ist, ob er sich überhaupt als Gemeinschaft sieht, ob nicht Sachthemen im Mittelstand mehr „ziehen“, als eine ev. „fragliche“ Zusammengehörigkeit. Ich verwies auf das Potential der 34%, die in keiner der NR-Parteien eine Mittelstandspartei sehen.
Peter Lieber eröffnete dann die Debatte über die großen Probleme der Menschen und der Wirtschaft und verwies auf Themen wie das Absinken Österreichs im internationalen Wettbewerbsfähigkeits-Ranking, auf die hohe Inflation, die Energiepreise etc. Er stellte die Fragen, die er allen Parteien stellen wird: Was macht ihr gegen diese Abwärtsspirale? Wie wollt Ihr die Teuerung bekämpfen? Wie die Pensionen sichern? Wohin wollt Ihr das Land führen?
Gegen „strukturelle Korruption“
Sepp Schellhorn antwortete so, dass man erkannte, dass er ein gestandener Unternehmer ist, der täglich sieht und selbst erlebt, worunter Wirtschaft und Mittelstand leiden. Er wolle vor allem die „unverantwortliche“ Verschuldung, die nicht auf die Bedürfnisse der Zukunft ausgerichteten Staatsausgaben senken. Die gesamten Verwaltungskosten seien viel zu hoch, Milliarden könnten eingespart und besser genutzt werden. Die Förderung seien eher „strukturelle Korruption“ als zielgerichtete Maßnahmen, würden mehr dem Machterhalt der ehemaligen Großparteien als der Wirtschaft, dem Mittelstand dienen, die Rahmenbedingungen bräuchten, um wieder investieren zu können und Arbeitsplätze zu schaffen. Das beträfe auch die Förderungen, die es in den Bundesländern und Kommunen gäbe, die Vereine „im Überfluss“ erhielten. Hier seien die NEOS die Einzigen, die nicht von den Landeshauptleuten – den schon von Strolz so genannten „Fürsten der Finsternis“ – abhängig wären. Es gäbe in Ministerien und Länder „null Druck“ zu sparen. Er befürchtet, dass an neue Steuern gedacht würde, was „unsere Wettbewerbsfähigkeit nochmals schwächen würde“. Mit NEOS gäbe es keine Steuererhöhung, wir seien eh schon eines der Hochsteuerländer der EU. NEOS hätten bei den Wählern nicht nur Zustimmung zu ihrer Bildungspolitik, sondern immer mehr auch als Wirtschaftspartei.
Besprochen wurde mit großer Einigkeit auch das Thema Vollzeitbeschäftigung, die gegenüber den zu häufig auftretenden, steuerlich begünstigten Kurzzeit-Beschäftigungen zu wenig Anreiz bietet. Vollzeitbeschäftigte dürfen nicht ausgebeutet werden, brauchen „mehr Netto von Brutto“, Leistung muss sich lohnen. Wirklich lohnen. Auch weil die Vollzeitbeschäftigten die Konsumenten sind, die eine Konjunktur aufbauen oder niederfahren können. Nicken allerseits.
Ich habe dann darauf verwiesen, dass angesichts der Dominanz bestehender Partei-Netzwerke und Macht-Konstellationen mit Sachthemen und klugen Lösungen alleine keine große Medien-Resonanz und damit breite Wählerzustimmung erreichbar ist, dass die Menschen auch eine große Vision, eine Erzählung, ein Narrativ bräuchten, der sie gerne folgen. Und ich präsentierte wieder mein Kegel-Schachfigur-Kugel-Modell , welches den aus meiner Sicht notwendigen Schritt von der aktuell bestehenden, die Mitte zerstörenden Schachfiguren-Gesellschaft zur „Runden Gesellschaft der Mitte“ verdeutlicht. Sepp Schellhorn hat allerdings die Kugelform der Mitte-Gesellschaft nicht so gut gefallen, „zu gleichmacherisch, zu städtisch“ meinte er. Ich konnte nur darauf verweisen, dass es in der Kugel-Gesellschaft nur ganz wenige Superreiche und ganz wenige furchtbar Arme gäbe – und die Kraft aus der Mitte käme. Darüber werden wir noch weiter reden müssen. Fürs Foto nahm Sepp Schellhorn, dann doch unaufgefordert mein „Schachfigur-Modell“ in die Hand, das zumindest hat ihm gefallen.
Eine Zusammenfassung der Botschaft von NEOS an die Wähler könnte lauten: „Wir wollen die Staatsausgaben senken, Föderalismus eindämmen und Menschen Mut zur Leistung machen.“
Wolfgang Lusak
Mag. Wolfgang Lusak ist Gründer der unabhängigen „Lobby der Mitte“ und Auftraggeber aller 10 bisherigen Mittelstandsbarometer-Umfragen. Beruflich ist er als Berater für die Durchsetzung von digital-nachhaltigen Innovationen von Mittelstandsbetrieben tätig.
Eine Woche vorher hat es eine erste Vorabstimmung mit Sepp Schellhorn im Cafe Schwarzenberg gegeben
- Mittelstand will kein „nützlicher Idiot“ mehr sein
- Kampf der „Schachfiguren-Gesellschaft“
- Link zur kompletten Umfrage-Auswertung
Mag. Wolfgang Lusak
Schulgasse 18, 1180 Wien, office@lusak.at, Tel 01 315 45 36,
www.lobbydermitte.at www.lusak.at