Spontaner Kommentar von Wolfgang Lusak zum Ausgang der Wahl am 6.11.24 in den USA.
Trump hat gewonnen, weil die Leute wieder mehr Mitte wollten
(am 8.11.24 auch in DIE PRESSE erschienen)
Also Trump hat gewonnen. Und ich verstehe die Kommentatoren der staatlichen Medien nicht, die überwiegend als Begründung dafür angeben, dass sich die US-Amerikaner hauptsächlich eine bessere wirtschaftliche Lage wünschten und deshalb den „verhaltensauffälligen“ Rechtspopulisten und Unternehmer eben lieber gewählt hätten als eine Frau, die vor allem auf die Themen Demokratie und Menschrechte gesetzt hatte und von der Hoffnung nach der ersten Frau im Präsidentenamt getragen wurde.
Ich glaube – und weiß nicht, ob ich das wieder einmal eher alleine so sehe – dass Trump von einem gewachsenen Wählerwillen in Richtung Mitte der Gesellschaft und Leistungsträger der Wirtschaft sowie dem Wunsch in Bezug auf Migration ins eigene Land etwas mitreden zu dürfen getragen war. Ich glaube, dass der immer erkennbarer werdende Niedergang sozialdemokratischer, linkspopulistischer und linksextremer Parteien damit zusammenhängt, dass diese in den letzten 20-30 Jahren mit ihren öffentlich durchsetzungsstarken und in ihren Wurzeln durchaus vertretbaren Bewegungen des Feminismus, der Political Correctness, der Wokeness, des Refugees-Welcome, der geschlechtlichen Diversität einfach zu weit gegangen waren, es übertrieben hatten und noch dazu alle belehren und an die Kandare nehmen wollten. Das hat die Mitte eine Weile nach links verschoben.
Aber die Menschen wissen, was Mitte und Ausgleich ist, sie spüren, wenn etwas zu einseitig geworden ist. Ich glaube, dass der Abwärtstrends der Linken in Europa, in Deutschland, in Italien, jetzt auch in Österreich genau aus den gleichen Gründen entstanden ist, wie der Trump-Sieg in den USA. Übertriebene Linkspolitik hat den Rechtspopulismus genährt und provoziert. Einen Rechtspopulismus, dessen meiste Wähler keine Faschisten, Rassisten und Nazis sind. Er drückt das Unwohlsein einer Mitte aus, die sich übergangen, ausgebeutet und marginalisiert fühlt, die das Gefühl hat, auf die rechte Seite des Schiffes wechseln zu müssen, weil sonst das Schiff links ins Wasser zu kippen droht. Es wären die selben Menschen, die nach links wechseln würden, wenn die Rechten ihre Macht extrem missbrauchten und das Schiff auf der rechten Seite zu kentern droht.
Wenn der unternehmerische Mittelstand kein Eigenkapital für notwendige Investments und Innovationen mehr aufbauen kann und wenn die angestellte Mittelschicht sich kein Eigenheim mehr leisten kann, weil privilegierte monopolistische Konzerne ebenso wie Teilzeit-Tätige und vor allem die sozial Schwachen als mit Brot & Spielen Ruhiggestellte wenig oder keine Steuern zahlen: Dann verliert die Mitte, die Kernwirtschaft ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit, ihre Lebensqualität, die Nahversorgung. Und der Staat die Haupt-Einnahmequelle, die Steuern aus der Leistung der Mitte. Dann brechen die westlichen Demokratien Europas zusammen und werden zu leichter Beute für China, Erdölländer und andere autoritäre, undemokratische Länder.
Und so was Ähnliches haben auch die Wähler jetzt in den USA befürchtet. Deshalb ist dort das „Make America great again“ auf fruchtbaren Boden gefallen, weil sie sich als Mitte und Erhalter des Staates von den über-sozialen Demokraten vernachlässigt und in ihren Werten bedroht sahen. Sie sind nicht wirklich gegen die „bösen Großen“ und die „furchtbar Armen“, sie wollen mehr Respekt für die Mitte.
Trump hat einige bedenkliche charakterliche Defizite. Aber wenn wir in der westlichen Welt wieder in die Mitte kämen, wieder zu einer Balance zwischen Links & Rechts, Arm & Reich, Jung & Alt, Selbstbestimmt & Weltoffen fänden, dann könnten wir wieder gemeinsam „great“ werden und uns als vorbildliche demokratische Kraft zwischen USA, China, islamischen Staaten, BRICS und dem Rest der Welt halten oder re-etablieren.
Resümee: Überzogene Linkspolitik befeuert den Rechtspopulismus – in USA und auch bei uns in Europa.
Möge die Mitte mit Euch sein!
Wolfgang Lusak
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