Sind sie klein aber OHO? Sehr viele aber nicht OHO? Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskammerwahl in 2015 wird es Zeit das Thema sachlich und offen zu diskutieren
Ex-WKÖ-Vize Fritz Amann (FPÖ) hatte mit seinen Aussagen („Sozialfälle“, „Scheinselbständigkeit“ …) bei einem Teil der EPU Recht, die Mehrheit der EPU hat er aber falsch und abwertend eingeschätzt.
Matthias Strolz (NEOS) hat Recht, wenn er die EPU als gutes Wachstumspotential der Wirtschaft darstellt. Aber ob sie sich wirklich freuen würde, wenn sie eine eigene Kammer hätten und dort nicht mehr mit ihren Partnern und Auftraggebern, den KMU an einem Tisch säßen?
WKÖ-Präsident Christoph Leitl (ÖVP) möchte sie weiterhin in einer Kammer, der WKÖ vereinigt sehen. Aber werden sie (und die KMU) nicht von den Großlobbys der auch in der WKÖ vertretenen Globalbanken und Konzernen immer mehr benachteiligt?
Zu kurz gekommene Differenzierung
Einige Zeit schon werden die EPU in der WKÖ mit Ausbildungen, Netzwerk-Events, Förderungen etc. ziemlich verwöhnt. Jetzt, vor der Kammerwahl 2015 werden sie von (fast) allen Parteien umgarnt. Zu kurz gekommen in der bisherigen Diskussion und in der Betreuung ist aber die erforderliche Differenzierung:
Sie sind ja auch extrem inhomogen: Einerseits Dynamische Startups, die den baldigen Aufbau eines Betriebes mit vielen Mitarbeitern im Visier haben; clevere Geschäftsleute und „Ich-AGs“, die alleine sehr gut zu Recht kommen und sehr brav Steuern zahlen; fröhlich-naive Aussteiger und Erfinder, die sich irgendwie verwirklichen wollen. Andererseits dringend Arbeit suchende Junge, denen nur der Weg in eine beinharte Working-Poor-Selbständigkeit plus Pfuschen übrig blieb; verstörte ältere Manager und Angestellte, die plötzlich ohne Job dagestanden sind und unfreiwillig zu Beratern mutierten; Hausfrauen und allein erziehende Mütter, die was dazu verdienen wollen oder müssen. Wir haben viele vergleichbare Dienstleister darunter, die extrem von der Gesamt-Konjunktur abhängig sind und am unteren Rand der Sozialpyramide herumkrebsen. Die Fragen sind: Kennen wir die Anteile der einzelnen Untergruppen? Wie viele haben echtes Selbstständigkeits- und Wachstumspotential, wie viele sind wirklich „Sozialfälle”? Welche Rahmenbedingungen sind zu schaffen, um den EPU in ihrer spezifischen realen Situation und Befindlichkeit eine Durchsetzungschance zu geben?
Kann die EPU-Blase aufgehen?
Alle in unserer Wirtschaft Verantwortlichen sollten dringend darüber nachzudenken, wie die rasant wachsenden EPU – derzeit ca. 270.000 – nicht zu einer gefährlichen Blase werden, sondern ihre Zukunft positiv gestalten können.
Die EPU brauchen spezifische Rahmenbedingungen in den Bereichen Ausbildung, Sozialversicherung, Förderung, Lobbying, etc. Wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, sich in den Mittelstand einzugliedern. Müssen in ihnen die für unsere zukünftige Gesellschaft so bedeutenden schöpferischen Individuen erkennen und unterstützen. Damit keine EPU-Blase aufgeht und das Parteien-Buhlen um ihre Wählerstimmen mit intelligenten Konzepten geführt wird.
Mag. Wolfgang Lusak