Regierungsprogramm ohne MITTE?

Wir haben nachgesehen, wie oft das Wort Mitte als politische Zielgruppe im Regierungsprogramm der angehenden neuen Dreier-Koalition in Österreich vorkommt. Das Ergebnis ist enttäuschend und niederschmetternd für alle, die sich als Angehörige des unternehmerischen Mittelstands oder der angestellten Mittelschicht eine wesentlich höhere Zuwendung der Politik erhofft haben – auch weil in der Wahlwerbung der Parteien zumindest ab und zu die Mitte der Gesellschaft angesprochen wurde.

Regierungsprogramm ohne MITTE?

1. Im Vorwort zum Programm der kommenden Regierung ist das Wort „Mitte“ nur EINMAL genannt, und zwar in folgendem Satz: „Der Platz älterer Menschen ist in Österreich in der Mitte der Gesellschaft“. Das kann man leider beim besten Willen nicht als Ansprache der Mitte der Gesellschaft ansehen, sondern als Erwähnung eines nicht näher definierten Bereiches, in dem sich ältere Menschen aufhalten (sollten?). In einem Bereich, in dem hier die Jugend unerwähnt bleibt. Das irritiert.
2. Im Hauptteil des Programms kommt das Wort „Mitte“ gar nicht vor. In rund 60.000 Worten nicht ein einziges Mal vor. Nicht als politische Zielgruppe oder Interessengruppe. Das erschüttert.

3. Im Hauptteil des Programms kommt immerhin das Wort „Mittelbetrieb“ 3 Mal vor. Wir zitieren, in welchem Zusammenhang:

a) „Österreichs Unternehmenslandschaft zeichnet sich durch viele Klein- und Mittelbetriebe aus. Eine erfolgreiche Industriestrategie stärkt auch KMUs in ihrem Wachstum: direkt als Zulieferer – indirekt durch die Schaffung von qualitativhochwertigen Arbeitsplätzen.
Aha, also werden Mittelbetriebe durch eine erfolgreiche Industriestrategie gestärkt. Wieso „qualitativ hochwertige Arbeitsplätze“ in der Industrie den KMU wirklich helfen, kann man nicht leicht verstehen, bedeuten diese doch auch, dass im aktuellen Kampf um gute Mitarbeiter die Industrie mit ihren höheren Löhnen die besseren Karten hat.
b) „Österreich setzt sich auf europäischer Ebene für mehr Planungssicherheit für die Wirtschaft, insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, ein.“
Planungssicherheit in der Wirtschaft entsteht durch eine langfristig ausgerichtete, strategisch begründete, ausgewogene und auch konstante Politik. Keine neue Regierung hat dafür die Verantwortung, wenn frühere Regierungen da was versäumt haben. Die Parteien, die an solchen früheren Regierungen beteiligt waren schon.

c) „Die Genehmigungsfreistellung-VO ist eine wesentliche bürokratische und finanzielle Entlastung für österreichische Klein- und Mittelbetriebe. Eine moderate Ausweitung ist zu begrüßen.“

Klingt gut, ist aber eine bereits bestehende VO. „Eine moderate Ausweitung ist zu begrüßen“ ist nur eine vage Andeutung, kein konkreter Beschluss. Die bestehende Genehmigungsfreistellung-VO umfasst außerdem nicht alle, sondern nur 10 Branchen plus einige Infrastrukturbranchen. Außerdem bestehen 5 dezidierte Ausschließungsgründe. Könnte man wohl auch als Ankündigungspolitik bezeichnen.

4. Das Wort „Mittelschicht“ konnten wir überhaupt nicht finden. Obwohl vielfach bekannt ist, dass viele Haushalte mit Vollzeit-beschäftigten Eltern kaum zu einem echten Existenz-Aufbau mit Eigenheim etc. finden. Weil sie zu viel Steuern zahlen.

5. Von den Benachteiligungen des unternehmerischen Mittelstands, der Mittelbetriebe durch Steuer-Ungleichstellung gegenüber Konzernen, die unverhältnismäßige Bürokratie-Belastung, der schlechtere Zugang zu Kapital und Personal war nichts zu finden. Weil oft nur die Wirtschaft als Ganzes entlastet werden soll, was die Benachteiligungen der KMU gegenüber Großfirmen nicht reduziert.

6. Die seit Jahrzehnten wachsende Umverteilung von Mitte zu Arm und Reich wird NICHT angesprochen. Was soll die Mitte der Gesellschaft von so einem Regierungs-Programm halten?

Liebe zukünftige Regierung, bitte bedenken Sie: Nur wenn es der Mitte gut geht, geht es allen gut. Weil dann mit Kaufkraft, Investitionen, Innovationen, Fleiß, Regionalität der Standort gestärkt und die Exporte erhöht werden können.
Sonst wird der Ausverkauf Österreichs und der Wohlstandsverlust weiter vorangetrieben.

Wolfgang Lusak

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Mag. Wolfgang Lusak ist Obmann der unabhängigen „Lobby der Mitte“. Kürzlich veröffentlichte er seine Erzählung „Mein Herz schlägt in der Mitte“ www.herzindermitte.at in dem er ein Fünf-Punkte-Programm für die „Gesellschaft der Mitte“ vorlegt.

Schulgasse 18, 1180 Wien,  office@lusak.at, Tel 01 315 45 36, www.lobbydermitte.at  www.lusak.at

 

P.S.: Dazu lesen:

  1. Lusaks neues Buch „Meine Herz schlägt in der Mitte“ mit Konzeptansätzen für eine „Runde Gesellschaft der Mitte“ kann man hier bestellen: www.herzindermitte.at   und auch bei Ihrem Buchhändler. Der KURIER hat in einer Rezension am 1.12.24 das Buch sehr positiv bewertet: https://www.lobbydermitte.at/2024/12/01/kurier-lebensweisheiten-eines-mitte-menschen/
  2. Die gesammelten Lusak-Kommentare im „Lobby der Mitte“-Blog