Wer ein Interesse an vielen Armen hat, was die Steueroasen-Konzerne damit zu tun haben und warum die „roten“ Großstädte ins Dauer-Dilemma rutschen
„Stadtluft macht frei“, so hieß es einmal im Mittelalter, als Leibeigene sich durch Abwanderung in Städte von ihren Grundherren befreiten. Auch heute noch suchen hinzukommende Menschen in der Stadt ein gewisses Freiheitsgefühl. Sie suchen Entfaltungsmöglichkeit, Chancen, Arbeit. Die Enttäuschung ist doppelt groß, wenn viele letztlich nur in ein Gefangenheits-Gefühl, in Armut und Verzweiflung geraten. Die Enttäuschung ist dreifach, wenn man noch dazu von sozialen Spannungen, Kriminalität und Extremismus bedroht wird. Was irgendwie vorprogrammiert erscheint.
Die meisten Großstädte driften auch auf politischer Ebene in die Armut: Die Großstadt-Kommunen sind oft hochverschuldet, weil deren zumeist linksorientierte Stadtpolitiker extrem viel in „Brot und Spiele“ glauben investieren zu müssen. Sie wollen wieder gewählt werden und gehen das mit dem Versprechen an, sich besonders für die vielen sozial Schwachen einzusetzen. Sie bezahlen für enorm viele Sozialeinrichtungen, Frühpensionen, Mindestsicherungen, etc. mit dem Steuer-Geld des Mittelstandes – weil sie an die „Panama-Konten“ der Superreichen und Konzerne nicht heran kommen. Woraufhin auch dieser Mittelstand teilweise in Working-Poor-Jobs und Armut abrutscht. Was den „Großstadt-Vätern“ nur recht ist, weil sie da weitere Wähler zu gewinnen hoffen. Natürlich sind ihnen auch Migranten und Asylanten willkommen, die sie mit professionellem Mitgefühl aufnehmen und denen sie gerne eine baldige Wahlberechtigung geben würden. Tatsächlich haben viele Stadtpolitiker, welche vorgeben die Armut zu bekämpfen parteipolitisch gesehen kein Interesse an wenigen sondern an vielen Armen.
Spaltung in rot
Und so geschieht es, dass Berlin dem Rest Deutschlands enorm in der Tasche liegt, also ein gefräßiger Nettoempfänger der Steuer-Umverteilung geworden ist. „Arm aber sexy“ kommentierte kokett der langjährige Berliner SPD-Bürgermeister Wowereit diesen Umstand und sieht darüber hinweg, dass Berlin auch zur Drogen- und Geldwäsche-Banden-Zentrale wurde. Und so geschieht es, dass auch Wien extrem verschuldet ist, dass Wien im Vergleich der Bundesländer-Pro Kopf-Einkommen vom ersten Platz auf den vorletzten Platz zurückgefallen ist, dass die Wiener Mindestsicherung zur „Inaktivitätsfalle“ für Migranten mit ausreichend Kindern wird (Zitat Sepp Schellhorn). Und so geschieht es, dass die „alten“ Stammwähler der Sozialdemokratie sich auf einmal gegen die Zuwanderung wehren und zu den Blauen abwandern. Und so geschieht es, dass der städtisch-linksextreme Blog der Sozialdemokratie aus umgekehrtem Grund (Flüchtlinge Willkommen) schon fast lieber Grün wählen. Und so geschieht es in vielen europäischen Metropolen, dass zwischen Supermärkten, Kinos, Fast Food einerseits und schlechten Quartieren und miesen Billigjobs andererseits millionenfache Alltagstragödien und individuelle Sackgassen entstehen. Der dabei ausgebeutete Mittelstand wird marginalisiert und wir kommen erst recht zu einer riesigen, großstädtischen Arm-Reich-Schere. Nicht nur durch eine übertriebene Sozialpolitik sondern auch durch eine Hingabe an Großkonzerne und ihre Massenprodukte. Da arbeiten Sozialismus und Kapitalismus Hand in Hand: Beiden brauchen die Massen – als Wähler, als billige Arbeitskräfte und als Konsumenten.
Integration oft misslungen
Dass dabei seit Jahrzehnten die Integration von Zuwanderern misslingt, dass das strenggläubige, intolerante Patriarchat in Parallelgesellschaften zunimmt, die Kriminalität und die Überforderung der Polizei steigt, die qualitätsvolle Nahversorgung zurückgedrängt wird und die Einheit der Gesellschaft aus Mangel an solidem, bildungsorientiertem und innovativem Mittelstand zerstört wird braucht niemanden zu wundern. Es zählt nur das nächste Stadt-Wahlergebnis oder Konzern-Quartalsergebnis. Kluge, weitblickende Stadtpolitik erfordert Schutz und Förderung für einen Mittelstand in dem kreative Geschäftsideen, gute Arbeitsplätze und eine Kultur der Leistung und des Miteinanders erhalten oder wieder aufgebaut werden.
Wolfgang Lusak