Reformen statt Dirty-Campaigning!

Wolfgang Lusak ermutigt die Politik zu neuer politischer Kultur und klarem Fokus auf Reformen – er zitiert dabei hochkarätige Philosophen wie Franz Schuh und Konrad Paul Liessmann

Nach dieser Wahl muss einiges aufgearbeitet werden. Immer noch wird lieber der politische Gegner bekämpft als konstruktive Politik mit Reformen betrieben. Vor allem die neue Opposition scheint auf recht kratzbürstige Art die demokratische Entscheidung der Wähler nicht akzeptieren zu wollen. Die Spaltung der Gesellschaft scheint sich zu vertiefen. Unter all dem oberflächlichen und fortgesetzten politischen Krampf und Kampf geht es um nichts weniger als die Existenz der Menschheit.

Auch wenn Österreich ein kleines Land ist, in der globalisierten Welt haben wir indirekt auch über unsere Gesamt-Existenz abgestimmt. Dabei waren wir all den gut gemeinten Beeinflussungen und den hinterhältigen Manipulationen via moderner Medienwelt ausgeliefert: Werbung, TV-Diskussionen, Boulevard, Experten-Kommentare, Internet-Informationen, Apps bis hin zu Dirty-Campaigning-Facebook-Seiten. Unsere Unfähigkeit zwischen dem Relevanten und dem Manipulativen zu unterscheiden und die Abgefeimtheit mit der zu viele Politiker diese Unfähigkeit ausnutzen führt dazu, dass die für unsere Zukunft entscheidenden Dinge zu wenig angesprochen werden. Sie sind im Getöse der widerwärtigen Ablenkungen und leeren Phrasen untergegangen. Soll das jetzt unbegrenzt so weiter gehen?

Ich will nur ein paar der Themen nennen, die bedauerlicherweise zurück gedrängt wurden: Eine die Klimaerwärmung abwehrende Energiepolitik mit ökologischer Steuerreform. Eine Verwaltung und Föderal-Strukturen effizient gestaltende Staatsreform um unnötige Steuerbelastungen zu reduzieren. Eine Bildungsreform die dem Nachwuchs statt kurzfristig angepasster Kompetenzen, langfristig ausgerichteten Überblick für verantwortungsvolle Lebens- und Leistungsgestaltung liefert. Wertschätzung und Entlastung für den Mittelstand, der unser Land trägt. Diese Themen wurden vom Müll einer durch politische Unkultur entwickelten Kommunikation an den Rand gedrängt. Daher plädiere ich ganz besonders für eine tiefgehende Diskussion dieser Punkte:

PR-Söldner verkörpern die vollkommene politische Entleerung
Dazu möchte ich gerne den Philosophen Franz Schuh (aus einem KURIER-Interview vom 10.10.17) zu Worte kommen lassen. „Was sich abspielt, ist politisch gesehen das Übliche: Ein Apparat ruiniert eine hoffnungsvolle Person, die am eigenen Ruin tapfer mitwirkt. Es ist „die Kultur“, der die Sozialdemokratie anheimfiel: Das grundsätzliche Eindringen des sogenannten „Neoliberalismus“, also einer totalitären Ideologie, deren Wesen unter anderem darin besteht, dass der historische Schlachtruf aus den französischen 30er Jahren des 19. Jahrhunderts „Bereichert euch!“ heute nicht nur laut wird, sondern das einzige Geräusch ist, bei dem eine abgetakelte Führungsclique die Ohren spitzt. Es ist nichts, was man „Politik“ nennen könnte, sondern es ist eine Kultur, für die auch typisch ist, dass die Sozialdemokratie – weil sie unter den Leuten nicht mehr verankert ist – anstelle dieser Verankerung mit den Boulevard-Medien kooperiert.“ Zu den Politik-Beratern meint er: „Man umgibt sich mit Leuten, lässt sich von ihnen bedienen, glaubt sie dienen einem, obwohl sie gar nicht zur eigenen „Gesinnungsgemeinschaft“ gehören … sie verkörpern die vollkommene politische Entleerung bis hin zu einem ebenso sinnentleerten Pragmatismus … PR-Söldnern ist es vollkommen gleichgültig, wem sie dienen.“

Gute Erziehung wird durch politische Korrektheit ersetzt
Zum Thema verfehlte Bildungspolitik zitiere ich am liebsten den Philosophen Konrad Paul Liessmann (aus einem NEWS-Interview „Die 7 Todsünden der Unbildung“ im September 17). Unter „Effizienz statt Bildung“ erklärt er, dass die Idee Effizienz mit Bildung „nur am Rande zu tun hat, weil zur Bildung wesentlich die Persönlichkeits- und Charakterbildung gehört. Dazu braucht es ein Wissen, das nicht genau darauf abgestimmt ist, wozu es einsetzbar ist.“ Er hinterfragt damit die Sinnhaftigkeit einer frühen Computer-Ausbildung der Jugend, „es ist ein Verbrechen, junge Leute auf eine Schiene zu setzen, die in 5 oder 10 Jahren obsolet geworden ist, weil ein Heer von Programmierern durch künstliche Intelligenz ersetzt sein wird. Und ihnen dafür wegzunehmen, was in 5 oder 10 Jahren immer noch bestehen wird: Nämlich die Fundamente unserer Kultur, Wissenschaft, Ethik und unsres Weltverständnisses.“ Unter „Korrektheit statt Bildung“ meint er: „Wesentlicher Bestandteil der Bildung war früher ein solides Wissen. Dass man niemanden beleidigen soll und auch konträre Positionen in einem zivilisierten Tonfall formulieren kann, hat man früher gute Erziehung genannt. Die gute Erziehung wurde abgeschafft und durch die politische Korrektheit ersetzt. Darüber hinaus ist politische Korrektheit nichts anderes als der Ausdruck fundamentaler Unbildung. Wenn ich nichts weiß, bin ich froh über jede klare Regel, die mir sagt, was ich sagen, denken und nicht denken darf.“

Neue liberal-konservative Koalition lässt hoffen
Ich interpretiere die oben genannten Aussagen auch als eine Unterstützung für meine Vorstellung einer von Kapitalismus und Sozialismus geprägten westlichen Welt, welche ihre inneren und traditionellen Werte und die Träger dieser Werte, den Mittelstand zunehmend zerstört. Nun haben wir aber vermutlich bald eine Art liberal-konservative Regierung, die  sehr viel von neuem Stil, von Erneuerung, Bürger-gerechten Reformen, Leistungs-Orientierung und Fairness versprochen hat. Das gibt Anlass zu einer leisen Hoffnung auf eine Zukunfts- und Mittelstands-orientierte Politik. Ich möchte 3 ganz große Aufgaben nennen, welche die nächste Regierung in diesem Sinne bewältigen sollte:

1. Die verkrusteten Staats-, Bundesländer- und Sozialpartnerschafts-Strukturen, die bisher den kreativen Köpfen, den weitblickend Engagierten und den innovativen Unternehmen zu wenig Luft zur Entfaltung gelassen haben, fundamental erneuern.

2. Der Wucht der internationalen Megatrends wie Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Internet-Sucht, Kapitalismus-Dominanz mit Wachstumspflicht, Brot und Spiele für die Massen, Missachtung von Grenzen mit gleichzeitiger Heroisierung der Grenzenlosigkeit, zunehmende Verrohung, Kriminalität und Terrorgefahr usw. mit einer klugen Bildungs-, Medien- und Wirtschaftspolitik begegnen um sie im Sinne europäischer Werte in konstruktive Prozesse umzuwandeln.

3. Die Entfaltung dynamischer mittelständischer Unternehmen mit all ihren Mitarbeitern und Kooperationen (die branchenübergreifend, Kommunal- und Regionspolitik integrierend diese Welt mit verantwortungsvollen innovativen Angeboten im besten Sinne des Wortes bereichern) zu unterstützen, statt sie zu behindern und auszubeuten.

Mag. Wolfgang Lusak

Dieser Artikel ist jetzt beinahe gleichlautend auch in der Bürgermeisterzeitung Nov 17 erschienen

 

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