VERBREITETE LOBBYING-ABSTINENZ IST EINE DEMOKRATIEPOLITISCHE KATASTROPHE

Ein Kommentar von Wolfgang Lusak

Um die Umklammerung unserer Politik und Wirtschaft durch das professionelle aber zu oft unverantwortliche Lobbying von Konzernen und Global-Finanz abzuwehren, sollte wir selbst mehr und besser Lobbying betreiben. Denn unsere bisherige Lobbying-Abstinenz hilft nur den Profi-Lobbyisten.   

Wir schimpfen über die Macht der Lobbyisten und wollen gleichzeitig mit Lobbying nichts zu tun haben. Dieses „damit nichts zu tun haben wollen“ ist unser demokratiepolitisch größter Fehler. Auch in Kommunen und Regionen.

Ein näheres Betrachten des Wortes Lobbying entlarvt seine ursprüngliche Bedeutung: Lobby ist das Vorzimmer, Lobbying das im Vorzimmer der Macht sich aufhalten und agieren. Etwas, das Menschen bereits seit Jahrtausenden praktizieren. An den Höfen der Könige, Kaiser und Päpste zogen höfliche „Höflinge“ zu ihrem Vorteile ihre Kreise, wollten „Günstlingen“ werden. In der damals vornehmsten Sprache, nämlich Französisch, hat man das gleich bedeutend „Antichambrieren“ („Vorzimmern“) genannt.

Profi-Lobbyisten arbeiten „mehr“ als professionell

Heute warten Lobbyisten zwar auch noch manchmal in den Vorzimmern von Präsidenten, Ministern und Bürgermeistern. Ihre Instrumente sind aber subtiler und vielschichtiger geworden. Mit Sachdarstellungen, Studien, Konzepten und Bildern etc. versuchen sie via Smartphones, Geschäftsessen, Gremien, Kongressen und Internet ihre Sicht der Dinge sowie die Interessen der von ihnen Vertretenen durchzusetzen. Da wird oft durchaus gesetzesgemäß gehandelt, es wird aber auch interveniert, intrigiert, insinuiert bis über die Grenzen der Fairness und Ethik hinaus. Mit mehr Geld, Know How und Strukturen als die von ihnen nicht Vertretenen haben.

Volksfern mit Fake News

Das erzeugt in den modernen Demokratien immer mehr ein Macht-Ungleichgewicht zwischen denjenigen, die sich ein professionelles Lobbying und fähige Lobbyisten leisten können und denjenigen, welche über diese Lobby-Möglichkeiten nicht verfügen. Auch weil Parteien und internationale Organisationen wie die EU von starken Lobbys „unterwandert“ sind und deren Einflüssen zu sehr unterliegen. So entsteht für viele eine als „volksfern“ empfundene und mit „Fake News“ verdrehte Politik und Gesellschaftsgestaltung. Dabei beklagen sich linke Interessenvertreter über den „Verfall des Sozialstaats“, rechte über eine „zerstörerische Asyl- und Einwanderungspolitik“, beide übersehend oder vertuschend, wie sehr sie selbst bereits von Lobbys durchdrungen sind. Die demokratiepolitisch größte Fehl-Entwicklung ist dabei, dass die Menschen – vor allem des Mittelstandes – nicht erkennen, welche Möglichkeiten ihnen das Instrument Lobbying bietet und dass sie in der Lage wären, es auch transparent, sauber, fair und erfolgreich einsetzen zu können.

Sehr zum Hohnlachen der Profi-Lobbyisten und ihrer Auftraggeber scheuen durchaus intelligente und fleißige Leistungsträger professionelles Lobbying und damit auch sinnvolles politisches Engagement. Dabei wäre diese Form der Emanzipation die beste Antwort auf das vorherschende Ohnmachtsgefühl und die tatsächliche Ohnmacht der anständig und nachhaltig orientierten Menschen: Wir dürfen den Profi-Lobbyisten nicht das Feld überlassen, nur bzw. gerade weil sich ein paar Halunken unter ihnen befinden!

So werden die guten Kommunal-Projekte sprießen

Die Großstädte haben sich immer mehr zu zwischen den Lobbys der Super-Kapitalisten und der Sozialhilfe-Empfänger aufgeteilten Orten entwickelt, in denen der Mittelstand weiter minimiert wird. Hier mein persönlicher Tipp an die engagierten mittelständischen Menschen in Kommunen und Regionen: Sie sind die Zukunft Europas, wenn sie es schaffen, dass anständige, innovative Klein- und Mittelbetriebe, nachhaltige Landwirtschaft und Tourismus sowie ideenreiche Gestalter aus der Zivil- und Kulturgesellschaft engagiert zusammenwirken. Sagen Sie nicht, das geht nicht und Sie hätten schon alles probiert. Denken Sie nicht, sie hätten keine Macht. Wenden sie die Methoden der Profi-Lobbyisten in sauberer und fairer Weise in Ihrer Umgebung an. Gehen Sie als Lobby der emanzipierten Mitte, als Lobby der Zukunft und des Fortschritts mit ihren gemeinsam erarbeiteten Konzepten zu ihren Bürgermeistern, Gemeindevertretern und sonstigen relevanten Führungskräften und Meinungsbildnern. Um mit diesen wirklich konstruktive Lösungen für Kommune und Region durchzusetzen. Als Vorbild für die EU und die ganze Welt. Überspringen Sie dabei alte Partei-, Vorurteils- und Zugehörigkeits-Grenzen und bekennen Sie sich gemeinsam zu den Werten Leistung, Eigentum, Nachhaltigkeit und Fairness. Da werden die Ideen, Projekte, Innovationen und Investitionen nur so sprießen. Und die EU wird letztlich wirklich eine Union der Kommunen und Regionen werden.

Und ja, es gibt diese „guten Projekte“ auch schon in der Realität. Es sollten halt bald noch wesentlich mehr werden.

Mag. Wolfgang Lusak
Unternehmensberater, Lobby-Coach und Vorsitzender der Mittelstands-PLattform „Lobby der Mitte“

Dieser Artikel erschien mit anderer Headline auch kürzlich in der BÜRGERMEISTER-ZEITUNG

Mein individueller Tipp: INNEHALTEN und die innere Kraft entfalten.

Mag. Wolfgang Lusak
Unternehmensberater und Lobby-Coach
www.lusak.at www.lobbydermitte.at

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