Weiter Hochbetrieb am Privatkonkurssektor: Erstmals mehr als 10.000 Privat-Konkurse in 2018.
Wir bringen diese Pressemitteilung vom Alpenländischer Kreditorenverband – AKV Europa (erstellt von Mag. H. Musser und Mag. Franz Blantz), weil circa 40% der nunmehrigen Privatkonkurse Ex-Unternehmer betreffen, die auch für den exorbitanten Anstieg der Passiva und der Durchschnitts-verschuldung verantwortlich sind. Was auch für ganz normale Mittelstandsbetriebe interessant sein dürfte …
Die Insolvenzgerichte, Schuldnerberatungen und Gläubigerschutzverbände haben nach Inkrafttreten der Privatkonkursnovelle 2017 (IRÄG 2017) weiterhin Hochbetrieb, weil die Flut an Privatinsolvenzen nicht abreißt.
Im März 2019 war österreichweit wieder ein rasanter Anstieg auf 946 eröffnete Privatkonkurse zu verzeichnen, nachdem im Februar 2019 über das Vermögen von 806 Privatpersonen und im Jänner 2019 über 746 Schuldner ein Privatkonkurs eröffnet wurde. Das IRÄG 2017 ist am 01.11.2017 in Kraft getreten und mit diesem wurde das Abschöpfungsverfahren von sieben auf fünf Jahre verkürzt sowie die 10%ige Mindestquote abgeschafft.
Die erleichterten Möglichkeiten zur Entschuldung lösten einen regelrechten „Run“ auf die Privatkonkursgerichte aus, sodass seit Einführung des Privatkonkurses im Jahr 1995 im Jahr 2018 erstmalig mehr als 10.000 Privatpersonen (nämlich 10.063) in einem Jahr einen Privatkonkurs beantragt haben.
Seit Einführung des „Privatkonkurses neu“ am 01.11.2017 haben bis 31.03.2019 insgesamt 14.077 Schuldner den Gang zum Privatkonkursgericht angetreten, das sind durchschnittlich 828 Personen pro Monat.
In den ersten Quartalen haben sich die Privatinsolvenzen seit 2016 wie folgt entwickelt:
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | |
Jänner | 501 | 555 | 889 | 746 |
Februar | 763 | 598 | 903 | 806 |
März | 812 | 530 | 987 | 946 |
insgesamt | 2.076 | 1.683 | 2.779 | 2.498 |
Im Jahr 2017 haben viele Schuldner die Novelle abgewartet, sodass die wenigsten Verfahren seit Jahren zu registrieren waren. Das folgende Jahr 2018 war vom Abbau des dadurch entstandenen Rückstaus an Insolvenzanträgen geprägt, sodass die meisten Verfahren/Jahr seit 1995 eröffnet wurden.
Stellt man einen Vergleich zum aussagekräftigen Kalenderjahr 2016 her, so liegt das erste Quartal 2019 noch immer um ein Fünftel (+ 20,32%) über den durchschnittlichen Vergleichszahlen der Jahre vor der Novelle.
Auch gegenüber dem Rekordjahr 2018 ist nur eine Abnahme um ca. 10% (- 9,69%) gegeben, wobei sich die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern wie folgt darstellt:
Quartal 2018 | Quartal 2019 | +/- % | |
Burgenland | 68 | 57 | – 16,17 |
Kärnten | 174 | 182 | + 4,59 |
Niederösterreich | 415 | 326 | – 21,45 |
Oberösterreich | 367 | 332 | – 9,54 |
Salzburg | 121 | 109 | – 9,92 |
Steiermark | 237 | 276 | + 16,45 |
Tirol | 229 | 176 | – 23,15 |
Vorarlberg | 172 | 106 | – 38,37 |
Wien | 983 | 934 | – 4,99 |
Österreich | 2.766 | 2.498 | – 9,69 |
Österreichweit haben die Privatkonkurse im ersten Quartal 2019 gegenüber dem Pleitenrekordjahr 2018 um 9,69% abgenommen. In Kärnten (+ 4,59%) und in der Steiermark (+ 16,45%) sind sogar gegenüber dem Jahr 2018 noch Steigerungen zu verzeichnen, sodass in diesen beiden Bundesländern im ersten Quartal 2019 Rekordwerte an eröffneten Privatkonkursen erreicht wurden.
Durch den Entfall der 10%igen Mindestquote nutzen vor allem zwei Personengruppen die neue Rechtslage, nämlich einkommensschwache Schuldner und vormalige Unternehmer mit beträchtlichen Verbindlichkeiten.
Circa 40% der nunmehrigen Privatkonkurse betreffen Ex-Unternehmer, die für den exorbitanten Anstieg der Passiva und der Durchschnittsverschuldung verantwortlich sind.
Während in den Jahren vor der Novelle 2017 die jährlichen Passiva zwischen EUR 0,9 Mrd. und EUR 1,0 Mrd. lagen, haben sich die eröffneten Privatkonkurse im Jahr 2018 mit unglaublichen Passiva von EUR 1,6 Mrd. zu Buche geschlagen, jene im ersten Quartal 2019 mit EUR 323,7 Mio.
Durch diese Entwicklung hat sich in den letzten vier Jahren auch die Durchschnittsverschuldung pro Verfahren um die Hälfte erhöht, wie nachstehende Statistik zeigt:
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | |
Durchschnittsverschuldung | EUR 108.300 | EUR 107.600 | EUR 139.400 | EUR 160.200 |
Die meisten Schuldner im ersten Quartal 2019, nämlich 1.291 Personen waren im Alter zwischen 40 bis 59 Jahren, 38 Schuldner des ersten Quartals 2019 waren sogar jünger als 24 Jahre.
Mag. H. Musser Mag. Franz Blantz
Geschäftsführender Direktor Leiter Insolvenzbereich Graz
AKV EUROPA
Alpenländischer Kreditorenverband
Für weitere Informationen:
Mag. Franz Blantz
Tel.: 0504100/8000
E-Mail: graz@akveuropa.at