Geldsystem ein Evolutionsirrtum!

Lobby der Mitte bringt dieses aktuelle, bemerkenswerte und mutige Interview des deutschen Print-Magazins „SMART INVESTOR“ mit Benjamin Mudlack, Bankkaufmann, diplomierter Wirtschaftsinformatiker und Unternehmer, Autor des sehr erfolgreichen Fach-Buches „GELD-ZEITENWENDE„, ausgewiesener Fachmann für das Finanzwesen und hochaktiver Vorkämpfer für die Interessen des Mittelstands. Das Gespräch dreht sich vor allem um die Themen „Enteignungsgeld“, das generelle Geldsystem als Ursache der großen globalen Fehlentwicklungen und den Weg zurück in eine nachhaltige Geldordnung. Mudlack benennt das Worst-Case-Szenario als anhaltende und sich dynamisierende Inflation mit anschließender Währungsreform und einem „Mega-Bailout“ des alten Eurosystems in eine digitale Struktur – zu Lasten der Sparer, des Mittelstandes und der großen Mehrheit der Gesellschaft. Gratulation an Benjamin Mudlack!

„Das aktuelle Geldsystem ist ein Evolutionsirrtum!“

Smart Investor: Herr Mudlack, Sie haben mit „Geldzeitenwende“ eine Streitschrift für gutes Geld vorgelegt. Was sind aus Ihrer Sicht die gravierendsten Probleme der bestehenden Geldordnung?

Mudlack: Schon die Geldpolitik an sich steht nach meiner Einschätzung diametral einer marktwirtschaftlichen Ordnung entgegen. Sie ist durchweg als Wissensanmaßung, rein manipulativ und geldplanwirtschaftlich einzustufen. Die Menschheit sitzt weltweit auf dem größten Schuldenberg der Historie und gleichzeitig sind die Zinsen auf dem niedrigsten Niveau aller Zeiten, ein unglaublicher Widerspruch. Hätten wir einen Marktzins, der sich aus dezentralem Geldangebot und dezentraler Geldnachfrage bildet, dann hätten wir ein regulatives Element und diese Schuldenexzesse wären gar nicht finanzierbar. De facto existiert hier in Europa mittlerweile die mandatsferne monetäre Staatsfinanzierung: Laut Macrobond wurden im Jahr 2020 in der Eurozone ca. 95 Prozent der Neuverschuldung mit dem Umweg über die Geschäftsbanken bei der EZB platziert. Die Staaten unseres Währungsraumes sind augenscheinlich nicht mehr über den Kapitalmarkt refinanzierbar. Das wäre in einer reinen Marktwirtschaft undenkbar. Wir befinden uns also unstrittig in der Ordnung einer Geldplanwirtschaft. Die sogenannte Euro-Rettungspolitik hat ebenfalls dafür gesorgt ein wesentliches marktwirtschaftliches Element auszuschalten, nämlich die Pleite eines Marktteilnehmers unter voller Gläubigerbeteiligung. Über die Zentralbanken wurde dieses Risiko auf die Allgemeinheit verlagert.

Eine weitere zentrale Antwort auf Ihre Frage ist das forderungsbesicherte Geldsystem als solches. Geld entsteht nahezu unbegrenzt, indem Kredit vergeben wird. Folglich ist das heutige Geldsystem intrinsisch immer auf der Suche nach neuen Schuldnern. Und es wird fündig, vornehmlich natürlich bei den Staaten und ihren Lenkern, für die das Wort Haushaltsdisziplin ein Fremdwort darstellt. Das heutige Geldsystem beruht auf der Werthaltigkeit der Forderungen – größtenteils gegen Staaten – und mit jedem Euro der per Buchungssatz neu entsteht wird die Kaufkraft oder der Tauschwert der Geldguthaben und auch der Arbeitseinkommen sukzessive herabgesetzt.

Es wären noch viele Punkte anzuführen …

Smart Investor: Angesichts der sich im Zeitablauf verstärkenden Rückkoppelungen zwischen wachsender Verschuldung, Erhöhung des Staatsanteils und sinkender Produktivität, ist es fast schon ein Wunder, dass die Sache so lang gutging? Gibt es Faktoren, die das Geldsystem künstlich verlängert haben?

Mudlack: Die manipulative und durchweg marktferne Herabsetzung der Zinsen, wie auch die schon skizzierte monetäre Staatsfinanzierung sind an dieser Stelle zu nennen. Wir befinden uns in der Endphase des aktuellen Kreditzyklus. Sicherlich haben die Zentralbanken noch einige Kaninchen im Hut um das Ende dieses Zyklus hinauszuzögern und auch die Interessenlage geht in diese Richtung. Denn so lange geht die sozial ungerechte Werteumverteilung nach ganz oben und folglich die Enteignung der Mittelschicht weiter. Mit den aktuellen Coronahilfen hat man bereits eine Art staatliches Helikoptergeld lanciert, um die wirtschaftliche Kontraktion zu verhindern. Die Keynesianer werden ihrer Kreativität weiterhin freien Lauf lassen und der Umverteilung Vorschub leisten.

Smart Investor: Der von Ihnen geprägte Begriff des „Enteignungsgeld(system)s“ beschreibt also nicht nur eine Wirkung, sondern auch eine Intention, besonders gegenüber den normalen Geldnutzern?

Mudlack: Gerade die Deutschen halten ihr Vermögen bzw. ihre angesparten Werte in Nominalwerten, also in Geldvermögen/Geldforderungen. Eine Studie der DZ Bank hat kürzlich eine Summe von 7.700 Mrd. Euro ergeben. Diese nominalen Forderungen – Kontoguthaben, Lebensversicherungen, Bausparguthaben, Festgelder, Geldmarktfonds etc. – werden durch die Ausweitung der (Staats-)schulden relativ immer weniger wert. Dadurch werden die Menschen enteignet. Die Kaufkraft des Geldes, aber auch der Arbeitseinkommen, Pensionen und Renten, wird herabgesetzt, weil die Gütermenge im Gegensatz zum Geld relativ knapp bleibt. Gerade die Mittelschicht ist hierzulande übermäßig von diesem enteignenden Vorgang betroffen. Die Halter der Sachvermögen profitieren. Die Umverteilung und Enteignung der Kaufkraft wird sehr gut durch den sogenannten Cantillon-Effekt beschrieben: Neues Geld entsteht durch Kreditvergabe und die Erstempfänger dieser neu geschaffenen Mittel können die Güter zu den noch günstigen Preisen kaufen. In der Folge dehnt sich das Geldangebot immer weiter aus und mehr Geld trifft auf ein nur langsam steigendes Güterangebot. Die Preise steigen und so schauen die Letzt- oder Spätempfänger buchstäblich in die Röhre.

Smart Investor: Dennoch wird das Geldsystem als Ursache der großen Fehlentwicklungen regelmäßig nicht thematisiert. Warum wird dieser „Elefant im Raum“ so beharrlich übersehen?

Mudlack: Ökonomen, die schonungslos die Missstände benennen, finden in den herkömmlichen Medien kaum Beachtung, werden gar „gecancelt“ oder diffamiert. Staats- und zentralbanknahe Ökonomen singen das Lied ihres monetären Versorgers und somit verteidigen sie das System und die Vorgehensweise von Staaten und Zentralbanken. Die Deutungshoheit ist enorm und man kann in diesem Zusammenhang schon von einer Art Meinungsmacherkartell sprechen. Das Bildungssystem thematisiert die Hintergründe um das Geldsystem ebenso wenig, wie die akademische Lehre und so bleiben die Menschen weitestgehend in ihren bestehenden Paradigmen verhaftet. Zur Denkrichtung der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, die so große Denker wie Ludwig von Mises, den Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek und den herausragenden Roland Baader hervorgebracht hat, habe ich beispielsweise erst nach meiner Zeit an der Hochschule Zugang gefunden. Es ist auch durchaus logisch: Wären weite Teile der Bevölkerung in punkto Geldsystem aufgeklärt, könnte man die Probleme, welche die Geldschöpfung aus dem Nichts hervorruft, nicht durch zusätzliche Geldmengenausweitung und damit den identischen Maßnahmen, welche die Probleme verursacht haben, „bekämpfen“. Die Akzeptanz wäre nicht vorhanden, wenn die Menschen den stillen und subtilen Raub durchschauen würden.

Smart Investor: Das Wissen um diese Zusammenhänge sollte die Menschen auch weniger anfällig für die unerfüllbaren Versprechungen der Politik machen. Wie könnte man sie für diese Themen sensibilisieren?

Mudlack: Lernen durch Schmerz, Leidensdruck und Mangel scheint bedauerlicherweise am besten zu funktionieren. Die aktuellen Entwicklungen rund um die Inflation und exorbitante Energiepreissteigerungen könnten nun ein Einfallstor für eine effizientere Aufklärungsarbeit bieten. Eine steigende Geldmenge ist durchweg umverteilender Natur und sie wird irgendwann nicht mehr durch eine steigende Wirtschaftsleistung, sondern durch steigende Preise absorbiert. Das ist nicht mehr nur abstrakt, die Inflation ist inzwischen bittere Realität. Im Bereich der Vermögenspreise sind die Steigerungsraten seit einigen Jahren bereits signifikant. Mit einem durchschnittlichen Arbeitseinkommen und ohne ererbtes Vermögen ist es mittlerweile in weiten Teilen des Landes illusorisch sich den Traum vom Wohneigentum zu erfüllen. Darüber hinaus springen nun auch die Preise des sogenannten Konsumentenpreisindex an. Inflation ist nie „gottgegeben“, sie ist verursacht durch verantwortungs- und maßlose Geldpolitik, durch nicht vorhandene Haushaltsdisziplin seitens der staatlichen Institutionen und folglich ganz eindeutig durch fahrlässige Entscheidungen von machtorientierten Menschen herbeigeführt. Provokant gesagt: Würden mehr Bürger unseres Landes die Funktionsweise einer Marktwirtschaft verstehen, dann fiele es auch mehr Bürgern auf, dass wir nicht in einer Marktwirtschaft leben.

Smart Investor: Sie engagieren sich ja auch in der Atlas Initiative. Worum geht es da?

Mudlack: Die Atlas Initiative für Recht und Freiheit setzt sich für die Marktwirtschaft, einen schlanken/effizienten Staat, die Rechtstaatlichkeit, die freiheitlich demokratische Grundordnung und für die Freiheit als solche ein. Angesichts einer Staatquote von über 50% und der Vielzahl an Vorschriften, Geboten und Verboten kann von Marktwirtschaft und unternehmerischer wie persönlicher Freiheit seit vielen Jahren keine Rede mehr sein. Die Atlas Initiative leistet Aufklärungsarbeit über Vortragsveranstaltungen und die üblichen Social-Media-Kanäle. Wir verstehen uns als Denkfabrik. Neben der Kritik am Bestehenden werden Lösungsvorschläge erarbeitet. Der Fachbereich Familie und Bildung entwickelt beispielsweise ein alternatives Bildungssystem und auch an steuerlichen Verbesserungen im Sinne der Leistungsträger unseres Landes wird gearbeitet. Neben den Arbeitsgruppen bieten die regionalen Sektionen die Möglichkeit des Austauschs und das Netzwerken im Allgemeinen. Auch die organisationsübergreifende Vernetzung stellt einen integralen Bestandteil von Atlas dar. Wer also nicht nur die Umstände in unserem Land und Europa kritisieren möchte, der ist herzlich eingeladen als Mitglied unserer Initiative gestaltend mitzuarbeiten. Nicht nur meckern, sondern als Mitglied aktiv innerhalb der Atlas Familie etwas zu bewegen, das ist das Motto.

Smart Investor: In Ihrem Buch betonen Sie die Notwendigkeit in Szenarien zu denken. Skizzieren Sie doch einmal Ihr realistisches Best- und Worst-Case-Szenario?

Mudlack: Vorweg gesagt bin ich der Auffassung, dass es in den wichtigsten Märkten der Menschheit zu wenig bis gar keinen Wettbewerb gibt. Ich spreche von dem Markt um die beste Staatsdienstleistung und dem Markt um das beste Geld. Die Staatsdienstleistung ist nach meiner Definition ebenso ein Produkt wie das Geld und nur im Wettbewerb erleben wir Fortschritt und Weiterentwicklung. Sowohl beim Staat wie wir ihn heute kennen, als auch beim Geldsystem können wir ohne jeden Zweifel von zwangsmonopolistischen Strukturen sprechen.

Mein Best-Case-Szenario oder auch Wunsch-Szenario wäre ein durch Edelmetalle gedecktes Geldsystem bzw. ein Wettbewerb um das beste Geldsystem, frei nach Friedrich August von Hayek. Die Deckung muss nicht zwingend durch Edelmetalle erfolgen, auch eine Deckung durch Produktivkapital oder elektrische Energie ist denkbar. Geld benötigt aus meiner Sicht zwingend einen inneren Wert. Im Buch liefere ich einige Denkanstöße und ich hoffe auf Sicht und durch sich ändernde Umstände einige Menschen für eine GeldEVOLUTION gewinnen zu können. Das aktuelle Geldsystem ist ein Evolutionsirrtum! Es kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Zeitpunkt an dem sich diese Tatsache auf Basis einer klaren Faktenlage nicht mehr bestreiten lässt.

Das Worst-Case-Szenario ist eine anhaltende und sich dynamisierende Inflation mit anschließender Währungsreform und einem „Mega-Bailout“ des alten Eurosystems in eine digitale Struktur. Dann würde möglicherweise aus dem dualen Kreislauf, bestehend aus Geschäfts- und Zentralbanken, ein einzelner Kreislauf. Einem technokratisch/totalitären Kontrollstaat mit Preisvorgaben, Geld- und Kreditzuteilung analog zum chinesischen Social Scoring wären Tür und Tor geöffnet. Ich hoffe sehr, dass wir mit Aufklärungsarbeit und wachsamen Mitbürgern diese dystopische Zukunftsvision verhindern können.

Smart Investor: Vielen Dank für Ihre hochinteressanten Ausführungen.

Interview: Ralph Malisch

 

ZUR PERSON:

Benjamin Mudlack ist gelernter Bankkaufmann, diplomierter Wirtschaftsinformatiker und Buchautor. Durch seine unternehmerischen Tätigkeiten hat er tiefe praktische Einblicke in die marktwirtschaftlichen Prozesse gewinnen können und favorisiert daher dezentrale Lösungen als Antwort auf heutige und zukünftige Problemstellungen. Seine Spezialgebiete sind die Geldtheorie, mittelständisches Unternehmertum, Kapitalmärkte/Investment und die österreichische Schule der Nationalökonomie.

 

LINK zu Buch „Geldzeitenwende: Vom Enteigungsgeld zurück zum gedeckten Geld“ von Benjamin Mudlack, und Verlag Lichtschlag Buchverlag, 236 Seiten, 18,90 EUR

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